Corona und die Amateurabteilungen: I – Judo

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Corona hält auch den Sport fest im Würgegriff. Wir haben mit unseren Amateurabteilungen gesprochen und berichten, wie sich die Situation dort derzeit darstellt. In der ersten Ausgabe unserer kleinen Serie kommt Andreas Schönfeld, der Leiter unserer Judoabteilung zu Wort, die Teil der Kampfgemeinschaft KIAI Darmstadt – gemeinsam mit Blau-Gelb Darmstadt – ist.

FuFa: Hallo Andreas! Corona hat unseren Alltag seit März ziemlich durcheinandergewirbelt – und auch vor dem Sport hat das Virus natürlich nicht halt gemacht. Inwieweit hat Euch die Pandemie in der vergangenen Saison beeinträchtigt?

Andreas Schönfeld: Die Saison 2020 hat für unsere Mannschaft eigentlich gar nicht erst angefangen. Die ersten Kampftage wären im April gewesen. Am Anfang dachten wir ja auch alle noch, dass das alles in ein paar Wochen wieder vorbei ist. Erst nach und nach wurde dann klar, dass es dieses Jahr keine Wettkämpfe für uns geben wird. In der Liga bedeutet das, dass keiner auf- oder absteigen wird. Rückblickend ist das schon komisch: Ende März haben wir uns noch sehr bewusst dazu entschieden, den für Anfang Juni geplanten Heinercup nicht abzusagen, da wir die Hoffnung hatten, im Juni unsere Veranstaltung doch durchführen zu können. Nach Ostern haben wir uns dann zur Absage entschieden. Im August waren wir froh, überhaupt wieder trainieren zu können, aber uns war schon auch klar, dass wir 2020 wohl trotzdem keine Wettkämpgfe besuchen würden, wenn überhaupt welche gäbe.

Wie sieht es aktuell aus? Wie läuft der Trainingsbetrieb – und wenn ja, welche Auflagen müsst Ihr erfüllen?

In den letzten Wochen konnten wir fast normal trainieren. Judo ist zwar ein Kontaktsport, aber während des Trainings ist uns dieser Kontakt erlaubt. Klar haben wir viel drumherum zu beachten, wir müssen – wie wohl alle – die Anwesenheit dokumentieren und Kontaktdaten vorhalten. Wer in die Halle kommt, muss Hände desinfizieren und zwischen den Trainingseinheiten werden die Matten so gut es geht desinfiziert. Wenn mich letztes Jahr jemand gefragt hätte, ob die Matten auch nach jedem Training sauber gemacht werden müssen, hätte ich laut gelacht. Heute ist das normal für uns.

Sind das die Hauptregeln?

Ja, aber das sind natürlich nicht alle. Wir haben insgesamt etwas über eine A4-Seite. Die wichtigste Regel für mich ist aber, dass wir – gerade weil Judo ein Kontaktsport ist – besonders viel Rücksicht auf einander nehmen müssen. Wir erwarten von einander, dass jeder sich selbst regelmäßig fragt, ob er guten Gewissens ins Training gehen kann. Wenn ich auch nur leichte Erkältungssymptome habe, bleibe ich lieber zuhause. Hatte jemand auf der Arbeit eine Situation, die vielleicht ein komisches Gefühl hinterlassen hat, dann wird eben erstmal nicht trainiert. Es freut mich sehr, dass die Judokas so vernünftig sind und das bisher sehr gut funktioniert. Aber uns ist auch sehr klar, dass einer reicht, der Corona anschleppt, und dann kann ein Judotraining zu einem „Superspreader-Event“ werden. Daher sind wir auch permanent dabei unsere Regeln zu überdenken und anzupassen. Entsprechend sind die Regeln, die wir uns heute selbst gegeben haben, strenger als das, was Stadt und Land uns bislang vorgegeben haben. Anfang Oktober z.B., als die 7-Tage-Inzidenz in Darmstadt deutlich zu steigen anfing, haben wir beschlossen, im Training auf Partnerwechsel weitestgehend zu verzichten. Es haben also nur noch 2-3 Personen tatsächlich Kontakt zu einander im Training.

Wie war für Euch die erste Corona-Lockdown-Phase?

Sehr bitter war der Trainingsausfall. Von März bis Juni durften wir gar nichts machen, dann später nur ohne Kontakt – und dann kamen die Sommerferien. Nach den Ferien hat die Schule dann die Halle über Wochen für Elternabende gebraucht, so dass wir erst eine Woche vor den Herbstferien wirklich wieder richtig Judo bei den 98gern machen konnten. Zum Glück haben wir die Kooperation mit Blau-Gelb Darmstadt. Die haben eigene Trainingsräume, so dass wir, nachdem es wieder erlaubt war, zumindest dort trainieren konnten. Aber gerade bei den Kindern wurde in dem halben Jahr viel vergessen…

Macht sich Corona auch an den Mitgliederzahlen bemerkbar und welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Eure Abteilung finanziell?

Die Auswirkungen auf die Mitgliederzahl sind bei uns drastisch. Anfang Januar hatte die Judoabteilung 80 Mitglieder. Im August waren es noch 65. Fast alle, die gegangen sind, sind unter 18 Jahre alt. Die finanziellen Auswirkungen haben wir noch nicht wirklich gemerkt, wobei das auch einfach daran liegt, dass wir mit wenig Training und ohne Wettkämpfe natürlich auch kaum Kosten haben. Falls es zu Ausfällen kommt, hoffen wir, dass diese der Hauptverein abpuffern kann.

Du sprichst vor allem die Nachwuchsarbeit an…

Wir hatten in der Elly-Heuss-Knapp-Schule noch nicht so viele Trainingstermine und müssen bei den Kindern wieder viel auffrischen. Bei den Jugendlichen und Erwachsenen konnte das Training bei Blau-Gelb das Schlimmste verhindern. Aber normal ist aktuell nichts.

KIAI Darmstadt kämpft ja normalerweise in der Oberliga Hessen. Die Saison ist einfach ausgefallen, oder?

Ja, es gibt in diesem Jahr keine Auf- oder Absteiger. Wobei man dazu sagen muss, dass unser Jahr tatsächlich im Januar beginnt und nicht wie in vielen anderen Sportarten nach der Sommerpause.

Welche Perspektive gibt es denn, wieder in einen Wettkampfmodus oder gar Ligenbetrieb zurückzukehren?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. In der Bundesliga und auf internationaler Ebene gab es ein paar Veranstaltungen, da hatte man dann eine quasi leere Halle, in der immer nur die wenigen aktiven Kämpfer und die Kampfrichter waren. Auf der Ebene des Spitzensports kann man das so machen. Im Breitensport ist es nicht möglich diese Distanz zu waren. Von daher werden wir wohl nur abwarten können, bis die Rahmenbedingungen sich normalisieren.
Der Wettkampfbetrieb ist aktuell aber nicht meine größte Sorge: Wir sehen zur Zeit alle die stetig weiter steigenden Infektionszahlen und auf allen Ebenen machen sich die Verantwortlichen Gedanken, wie die zweite Corona-Welle eingegrenzt werden kann. Wenn wir nochmal ein Kontaktverbot im Training bekommen würden, wäre das sehr bitter.

Vielen Dank für das Gespräch und kommt weiter gut durch die schwierige Zeit! Bleibt gesund!

Update:
Mit den neuen Maßnahmen kommt es jetzt tatsächlich doch zum Trainingsstopp. Hierzu die Meldung auf der KIAI-Homepage:
https://www.kiai-darmstadt.de/2020/10/erneute-trainingspause/

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