#SVDREG | Ernüchterte Selbstberuhigung

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Eisige Erinnerung: Vor gut zwei Jahren schaufelten die Lilienfans den schneebedeckten Platz frei – das Ergebnis war kein guter Lohn… – 0:1

Die dritte Länderspielpause der gar nicht mal mehr so jungen Saison steht vor der Tür, einmal müssen wir noch „ran“, gegen den Jahn aus Regensburg. Die erleichterte Stimmung, die nach den 1:0-Siegen auf St. Pauli und gegen Aue entstanden war, ist aber nach dem Pokalaus gegen den Karlsruher SC und den schwachen Auftritt in Fürth schon wieder Ernüchterung gewichen. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich zwischen Selbstberuhigung und aufkommender Panik hin und her schwanke.

Zur Selbstberuhigung trägt sicherlich bei, dass die Tabelle einfach irre eng ist und viele Vereine ähnliche Probleme zu haben scheinen wie wir. Zwischen Platz 9 (St. Pauli) und unserem Platz 14 liegen gerade einmal vier Törchen Differenz. Punktgleich mit uns liegen noch Sandhausen, Nürnberg, Kiel und Hannover – vor allem die Bundesliga-Absteiger dürften sich das alles ganz anders vorgestellt haben und zogen vor wenigen Tagen ja auch simultan die Trainerwechsel-Notbremse. Gegen Aue (Platz 4) haben wir gewonnen, gegen Osnabrück (Platz 15) mit 0:4 auf die Mütze bekommen, gegen den Tabellenführer HSV auswärts und gegen das Schlusslicht Dresden daheim jeweils einen Punkt geholt. Der beste Nachweis für die „Wundertüte“ 2. Bundesliga. Nichts scheint vorhersehbar – es wäre also auch gut möglich, dass wir mal wieder einen raushauen am Sonntag…

Doch irgendwas in mir sträubt sich gegen die einlullende Selbstberuhigung und Panik kommt auf. Das ist vor allem mit Fragen verbunden, die man sich halt so stellt, wenn man sich die letzten Monate, aber auch die letzten Spielzeiten, betrachtet. Man kann Spiele verlieren, auch hoch verlieren, aber es kommt auf die Haltung dazu an. Nach der Sechs-Punkte-Woche hatte ich das Gefühl, dass die Mannschaft im Pokal eigentlich befreit hätte aufspielen können. Das Gegenteil war eher der Fall. Hat uns der Gegner eben taktisch den Zahn gezogen, was ja durchaus sein kann? Wie notwendig ist der Griff an die eigene Nase? Ist der Darmstädter Schlendrian ein besonders schnell auftauchender Geselle, wenn die größte Angespanntheit überwunden ist? Und wie kommt nach so einem Pokalaus dann ein solches Spiel wie in Fürth zustande? Von außen befragt man da vieles: Aufstellungen, Hierarchie im Team, Ehrgeiz, Wille und Qualität… Die beiden Gegentore mögen individuelle Fehler gewesen sein (was ja auch ein Zeichen für mangelnde Stabilität ist), aber ein Torschuss-Verhältnis von 2:17 in der 1. Halbzeit spricht da Bände. Was ist da los?

Alles ein Prozess, sagt mir meine Selbstberuhigung. Was erwarte ich denn? Neu zusammen gestellter Kader, viele Verletzte, muss sich noch finden, wir lösen die Dinge ja jetzt alle ganz spielerisch. Wir haben nur eine „Ergebniskrise“… Irgendwie habe ich ein Déjà-vu – und schon ist sie wieder da, die Panik.

Veränderung geht nicht von heute auf morgen, das ist uns allen klar. Entscheidend ist dabei meiner Meinung nach auch nicht das Tempo der Veränderung, sondern das Wahren der Stabilität – so schnell wie möglich, ja, aber eben auch so langsam wie nötig. Veränderung bringt immer auch Unsicherheit mit sich, daher ist es wichtig, dass man an das Positive der Entwicklung glauben kann und immer mal wieder erste vielversprechende Ansätze sieht. Veränderung kann aber auch Eingefahrenes aufbrechen und für neue Impulse sorgen…

Eine „Ergebniskrise“ kann nur zu einem gewissen Teil eine Ansammlung von Pech sein, sie hat auch immer etwas mit der aktuell abgerufenen Qualität zu tun und weitere Gründe. Natürlich gibt es glücklich aussehende Siege, aber auch die sind meist genauso eine im Endeffekt faire Mischung aus Unvermögen des Gegners einerseits und einer (zumindest punktuell) positiven (Teil-)Leistung andererseits. Bei uns ist es derzeit Platz 14, egal wie eng, mit einer Bilanz von 3-5-4 und einem Aus im Pokal. Die Tabelle lügt nicht.

Was wir Fans aber auch sehr gut können, ist, die Lösch-Taste drücken. Wir meinen „Schwamm drüber“ tatsächlich ernst, wenn es auch die Spieler ernst meinen. Wir wären auch nach einem Grottenkick mit einer fast zweistelligen Anzahl Gegentoren wieder im Stadion. Den Vorschuss geben wir jedes mal, wenn das Spiel angepfiffen wird, es 0:0 steht und alles möglich zu sein scheint. Auch gegen Regensburg wird das am Sonntag wieder der Fall sein, 100 Jahre minus ein Tag nach der Fusion des FK Olympia 98 und des Darmstädter SC 05 zu unserem SV Darmstadt 98. Es lebe die Lilie!

Autor: Markus
Foto: Claus Krentscher

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