#BIESVD | Interview mit Kristina Schröder (Arminia Supporters Club)

0

Herzlichen Glückwunsch zum vorzeitigen Aufstieg nach Bielefeld! In unserer Serie der Interviews mit Fans vor Ort sprechen wir heute mit Kristina Schröder vom Arminia Supporters Club (ASC), der Fan- und Förderabteilung der Ostwestfalen. Sie erzählt von den letzten Tagen und der besonderen Situation des Aufstiegs ohne große Feierlichkeiten und verrät, ob das „Darmstadt“-Trauma nun überwunden ist.

FuFa: Hallo Kristina! Es ist vollbracht! Nachdem Arminia viele Monate relativ einsam an der Tabellenspitze stand, ist Euch der Aufstieg nun tatsächlich nicht mehr zu nehmen. Bundesliga 20/21 – Ihr seid dabei! Wie hast Du die letzten Tage erlebt?

Kristina Schröder: Die ersten Gratulationen kamen ja bereits in der letzten Woche. Als leidgeprüfte Arminin und Ostwestfälin muss ich gestehen, dass ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich glauben konnte. Klar, Arminia hat eine überragende Saison gespielt, nur zwei Spiele verloren – was soll da passieren? Aber, wie wir alle wissen: „Einfach geht halt nicht bei Arminia“ – und so waren die Spiele vor der Partie gegen Dresden ja auch. Ehrlich gesagt, ich war nervös und hatte ein bisschen die übliche Arminia-Sorge 😉. Am Montag nach dem Dresden-Spiel war’s dann aber klar, das war ein Super-Spiel mit Traumtoren, insbesondere das von Jonathan Clauss, echt top! Danach waren meine Zweifel auch weg. Dienstag bei der endgültigen Entscheidung aufgrund des Unentschiedens des HSV war’s auf dem Sofa irgendwie strange – so aufzusteigen ist schon speziell. Aber natürlich bin ich am Mittwoch in Arminia-Montur zur Arbeit gefahren 😊.

Corona ist ja eine extreme Feierbremse. Wie hat Bielefeld insgesamt nach dem Unentschieden des HSV am Dienstag und am Tag drauf reagiert?

Bereits am Montag nach dem Dresden-Spiel und dem Quasi-Aufstieg gab es vor dem Stadion einige Fans, die die Spieler beim Herausfahren bejubelt haben. Am Dienstag wurde dann in der Stadt spontan mit Autokorsos und Humba gefeiert, aber natürlich alles im Rahmen und leider nicht in der Form, in der wir das alle schon mehrfach erlebt haben und uns gewünscht hätten. Bielefeld freut sich auf jeden Fall sehr und es gibt viele Gratulanten, darunter natürlich unser OB Clausen, aber auch der Unirektor Sagerer.

Nun kommt am Donnerstag ausgerechnet Darmstadt auf die Alm. Einige Spieler haben ja unser Relegationsduell vor sechs Jahren noch mitgemacht. Schließt sich damit auch für Dich ein Kreis und könnt Ihr nun ein Stück weit Euren Frieden mit damals machen?

Welches Relegationsduell…? Wir haben am Donnerstag die Möglichkeit, die Zweitligameisterschaft klar zu machen. Und das ausgerechnet gegen Darmstadt. Ich war bei beiden Relegationsspielen im Stadion und kann mich noch gut an meine Fassungslosigkeit nach dem Rückspiel auf der Alm erinnern. Allerdings auch ebenso daran, dass im Anschluss das gesamte Umfeld die Ärmel hochgekrempelt hat! Unser Torhüter Ortega Moreno hat es ja am Montag gesagt – und ich stimme dem zu: Ja, auch für mich schließt sich auf eine gewisse Art und Weise der Kreis. Nach über zehn Jahren Bundesligaabstinenz schlagen wir definitiv ein neues Kapitel auf.

Was, würdest Du sagen, war die Grundlage für das Comeback in den letzten Jahren und was hat nun zu dieser sportlichen Entwicklung geführt?

Einen großen Anteil hat mit Sicherheit Samir Arabi, der seit der Saison 2010/11 zunächst als sportlicher Leiter und seit der Saison 2016/17 als Geschäftsführer Sport für die Zusammenstellung der Mannschaft zuständig ist. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Mannschaft stetig weiterentwickelt. Bereits unter Jeff Saibene, aber insbesondere unter Uwe Neuhaus wurde das spielerisch immer stärker und v.a. flexibler. Auch wenn das von Uwe Neuhaus eingeführte Kurzpassspiel insbesondere um den 16er herum auch bei mir immer wieder zu Schreckmomenten führte, war es doch gerade dieses Mittel, das viele unserer Gegner vor große Probleme stellt(e). Eine Rolle spielt mit Sicherheit auch, dass wir eine gewachsene Mannschaft haben, Fabian Klos und Tom Schütz sind bereits seit der Saison 2011/12 bei unserer Arminia, zehn weitere Spieler sind bereits seit drei Jahren oder länger dabei. Die Mannschaft wurde immer passend ergänzt und jetzt steht da eine Mannschaft, ein Team auf dem Platz, die nicht nur eine unglaubliche Mentalität mitbringt, sondern auch richtig gut kicken kann. Als Fan kommt bei mir an, dass die Chemie im Team passt und das sieht man dann auch auf dem Platz.

In den letzten Jahren gab es schon auch einige Diskussionen über die Ausrichtung von Arminia. Man hörte von finanziellen Schwierigkeiten, das Stadion wurde verkauft. Wie siehst Du den Verein für die Zukunft aufgestellt?

Durch das Engagement des Bündnis Ostwestfalen und unter unserem Geschäftsführer Finanzen Markus Rejek sehe ich die Arminia gut aufgestellt. Nach den bisherigen Erfahrungen wird bestimmt niemand auf die Idee kommen, Unmengen an Geld für neue Spieler auszugeben. Hierzu passt auch die Aussage von Samir Arabi, dass wir in der Bundesliga ein „Schlauchboot zwischen lauter Motorbooten“ sein werden. Wir stehen nicht nur sportlich, sondern auch finanziell so gut da wie schon lange nicht mehr. Und das kann nur erhalten werden, wenn weiterhin vernünftig gewirtschaftet wird. Dass das Stadion verkauft wurde, ist für uns Fans natürlich schon extrem unschön – das Stadion sollte dem Verein und seinen Mitgliedern gehören. Vielleicht ergibt sich ja perspektivisch die Möglichkeit, dass wir Mitglieder uns unsere Alm zurückholen.

Du bist ja selbst im Arminia Supporters Club aktiv. Beschreib doch mal kurz, was Eure Kernaufgaben sind, seit wann es Euch gibt, seit wann Du selbst dabei bist und was Du genau dort machst.

Der ASC wurde am 6. Dezember 2003 gegründet, ich selbst bin seit knapp zehn Jahren dabei. Als ASC möchten wir die Mitgliedschaft im Verein attraktiver gestalten und eine Schnittstelle zum Gesamtverein sein. Wir unterstützen regelmäßig die weiteren Abteilungen, sowohl finanziell, aber auch personell und organisatorisch. Eine weitere Kernaufgabe ist die Vertretung der Faninteressen innerhalb des Vereins, der ASC ist seit seiner Gründung auch im Fanbeirat dabei. Auch unsere weiter entfernt wohnenden Mitglieder unterstützen wir durch unser „bundesweites Netzwerk“.
Unsere sichtbarste Unterstützung stellt mit Sicherheit unsere Präsenz an allen Spieltagen (ohne Corona) dar: An Heimspieltagen stehen wir im ASC-Pavillon am Eingang Süd mit Rat und Tat zur Seite, bei Auswärtsspielen nah und fern ist das ASC-Fanmobil vor Ort und kümmert sich u.a. um das Gepäck und liefert weitere Unterstützung. Hinzu kommt der Audio-Livestream, unser Sehbehindertenkommentar, dem teilweise bis zu 4.000 Fans zeitgleich zuhören. Last but not least begleitet uns unser Abteilungsmagazin, der „ASC Supporter“ mit Geschichten rund um Arminia.
Der ASC ist in unterschiedliche Teams gegliedert – ich bin insbesondere im Team Event und im Team Fanartikel aktiv, unterstütze aber auch im Pavi. Wir organisieren Spieleabende, ebenso wie Fahrten zur Erinnerungsstätte Wewelsburg. Seit einiger Zeit engagiere ich mich durch Mitarbeit bei „Unsere Kurve“ im Bereich Fanpolitik/-interessen.

Trotz aller Freude über den Aufstieg: Wie nimmst Du die aktuelle Situation um die „Geisterspiele“ und die Entwicklung des Fußballs insgesamt wahr?

Für mich sind die Geisterspiele derzeit ein notwendiges Übel, eine Überlebensmaßnahme, die notwendig geworden ist, weil in den Ligen nicht überall vernünftig gewirtschaftet wird. Es gibt finanziell riesige Unterschiede, nicht nur zwischen den drei Profiligen, sondern auch innerhalb der jeweiligen Ligen. Die Summen, die für Spieler aufgerufen werden, sind nicht nur völlig überhöht, sondern meiner Meinung nach auf gewisse Weise unanständig bzw. unmoralisch. Das betrifft nicht nur die Transfersummen, sondern auch die Gehälter. Die Kommerzialisierung hat einen nicht mehr akzeptablen Punkt erreicht – und mir ist durchaus bewusst, dass ich als Mitglied und Dauerkarteninhaberin eines Profilclubs und Sky-Abonnentin durchaus ein kleines Rädchen in dem Ganzen bin. Meiner Meinung nach kann und darf es nicht so weitergehen, der Fußball muss sich ändern: nicht das Geld, sondern das Spiel und die Fans sollten die Hauptrolle spielen. Und daher müssen sich Konzepte überlegt werden, die Fans in der kommenden Saison zurück in die Stadien zu holen! Fußball ist für die Fans in den Stadien und kein Exportschlager für’s internationale Fernsehen.

Vielen Dank, Kristina, für das Interview und viel Freude an der nächsten Bundesliga-Saison. Und für Donnerstag: Gutes Spiel… 😉

Hinterlassen Sie eine Antwort

Bitte geben Sie einen Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein.