#SVDFCN | VARnsinn

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So. Dann haben wir es also auch jetzt am eigenen Leib bei einem Heimspiel erlebt. Der Kölner Keller nimmt massiv Einfluss auf das Spielgeschehen und die Emotionen im Stadion könnten komischer nicht sein. Darüber ist ja schon zigfach geschrieben worden. In dieser Form macht es meiner Meinung nach einfach wenig Sinn. Und noch schlimmer: Der oder die Unparteiische vor Ort verliert massiv an Autorität, wenn seine Pfiffe im Zweifelsfall nicht mal einen Pfifferling mehr wert sind. Und er/sie ist der/diejenige, der/die das dann alles auszubaden hat, weil sich die Emotionen vor allem gegen das Gespann vor Ort richten. Im Kölner Keller ist man schlicht fein raus.

Zu klären wäre, wie wir exemplarisch gesehen haben:

1.) Wann ist eine neue Spielsituation eine neue Spielsituation?
Wir erinnern uns: Heller und Herrmann spielen sich mustergültig über die rechte Angriffsseite. Ja, Herrmann kommt aus dem Abseits, es ist sicherlich ein Meter. Heller flankt, Dursun verpasst, die Abwehr kann den Ball klären. Variante A: Der Ball wird gerade so vor der Torauslinie gerettet, in die Mitte geflankt und von Dursun verwandelt. Variante B: Der Ball geht ins Aus und es gibt Ecke – die Flanke findet Dursun und er verwandelt. Könnte auch in Variante B das Tor weggepfiffen werden? Wahrscheinlich nicht, denn bei einer irregulär entstandenen Ecke ist das Vorherige egal. Oder prüfen wir jetzt einfach alles, was in den letzten 10 Minuten los war, nach, wenn dann ein Tor fällt? Der Alptraum jedes VAR: Nach einem Zweikampf im gegnerischen Strafraum geht ein Spieler der angreifenden Mannschaft zu Boden, aber der/die Schiri lässt weiterlaufen. Daraus entsteht ein mustergültiger Konter, den die andere Mannschaft zu einem astreinen regulären Tor nutzt. Der VAR greift ein, weil die Situation im gegnerischen Strafraum ein 50+1%-Foul war. Das erzielte Tor wird aberkannt, es gibt Elfmeter. Was ein Mist. Irgendwo muss der/die anwesende Unparteiische doch Chef/in im Ring bleiben, sonst können wir auch einfach direkt nur noch Big Brother oder Sister von außen mitmachen lassen. Spart viel Personal.

Da VAR die Welt noch in Ordnung. Blitzblankes 1:0, Dursun drückt den Ball über die Linie.

2.) Warum hebt ein/e Linienrichter/in überhaupt noch das Fähnchen bei kniffligem Abseits?
Ist doch eh wurscht! Fällt ein Tor, haben wir doch den Kölner Keller, fällt keins, so what? Im Zweifel für den Stürmer, heißt es doch so schön… Hat man dann bei der zweiten strittigen Situation ja dann erlebt. Die Fahne geht hoch, alle haben Stress, der VAR greift ein, gibt das Tor. Den Schwarzen Peter hat der Mensch mit dem Fähnchen in der Hand. Also, warum überhaupt noch wedeln?

Beim Versuch, den „Fußball gerechter“ zu machen, wird schlicht übertrieben. Benutzt die Torlinien-Technik, die ist okay, Ball drin, Ball nicht drin, das wollen wir wissen. Und benutzt den Videobeweis zum Überführen von Betrugsversuchen – eindeutigen Schwalben, klaren Fouls, rüpelhaftem Benehmen, das ja auch jeder Mensch im Stadion auch richtig wahrgenommen hat, außer dem in schwarz. Das reicht. Bei allem, was weniger eindeutig ist als 80:20, lasst dem Pfeifen-Menschen im Stadion seine Autorität. Und klärt die Handspiel-Regel endlich nachvollziehbar. Übrigens: Das mit der neuen Spielsituation, ne, habt Ihr das Tor des Brause-Clubs in Lissabon in dieser Woche gesehen? Da darf der Torschütze meterweit im Abseits stehen, als der Steckpass auf seinen Kollegen kommt, und zwei Sekunden später versenkt Werner die Hereingabe. Taktisches Mittel, elegant, muss man sagen. Da gibt es doch auch die „neue Spielsituation“.

Die Auswirkungen im Stadion sind verheerend. Ich hab mir schon seit Jahrzehnten angewöhnt, immer erst dann zu jubeln, wenn die Assi-Fahne unten bleibt. Eine Minute Jubelarie, die Mannschaft trabt zur Mittellinie, dann geht die Hand ans Ohr und sie spielen nicht weiter. Du denkst: „Ey, nee, oder?“ Und dann ist es da, dieses unbekannte Gefühl, wenn die Welt ins Wanken gerät und Dir bewusst wird, dass in diesem Moment der Torjubel – wohl für alle Zeiten – seinen Zauber verloren hat. Wisst Ihr, was das Schlimmste ist? Als bei Dumics dann gegebenem 2:2 die Fahne hoch ging, dachte ich: „Okay, wir kriegen es wieder weggepfiffen, war halt Abseits.“ Der Torjubel war eh hinüber, denn ich hab mir ja schon seit Jahren angewöhnt, blablabla, siehe oben… Als es dann in dieser Situation nicht weiter ging, konnte ich mich gar nicht wirklich freuen. Vor allem hab ich mich gefragt, was denn passiert, wenn der Schiri die Situation unterbrochen hätte und Dumic den Ball erst danach über die Linie gedrückt hätte? Zählt dann die Millisekunde des Pfiffs? Ich saß da wie ein großes Fragezeichen. OK, und gefühlte fünf Minuten später gibt es dann einen Pfiff, er zeigt auf den Mittelkreis, die Stadionlautsprecher dröhnen „Die Sonne scheint“ und das Stadion gerät in 80%-Ekstase. Yeay! Wir haben den Ausgleich gemacht! Markus, echt jetzt, 2:2! Cool.

Dumic bugsiert den Ball ins Tor – dann doch regulär…

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein einziger Fan auf der Welt ein Problem damit hat, wenn eindeutige Dinge, wie ich sie oben beschrieben habe, per Videobeweis sanktioniert werden. Schwalbenkönige mit Elfmeter zu belohnen, das geht nicht. Eindeutige Fouls zu übersehen. Das geht dann nämlich so und ist ne Sache von 10 Sekunden:

VAR: „Du, mit der Entscheidung liegst Du komplett daneben, da war gar nix“ bzw. „der haut ihn um, ohne den Ball zu erwischen.“
Schiri auf dem Feld: „Alles klar.“ (pfeift)

Vielleicht ist das ja ein Vorschlag: Der VAR hat maximal eine halbe Minute Zeit, den Schiri von einem entscheidenden Fehler zu überzeugen, der Schiri kriegt eine halbe Minute Zeit, sich das anzusehen, und dann gibt es eine Entscheidung. Und nur, wenn der/die Hauptschiri 100% überzeugt ist, einen Fehler begangen zu haben, revidiert er/sie seine Entscheidung. Wenn es eh Lotto ist, kann es auch das alte Lotto bleiben.

So, genug aufgeregt. Wir haben gut gespielt, vielleicht das beste Spiel der Saison, gegen Nürnberg, die ganz andere Ambitionen haben. Aber wir haben es uns auch selbst ein Stück weit kaputt gemacht, das 1:1 war extrem unnötig, das 3:2 hat das im Prinzip ausgeglichen, das 3:3 hätte halt nicht unbedingt sein müssen. Es ist aber halt schon ein Unterschied, ob Du 30 Minuten 2:1 führst oder 1:2 zurückliegst für die Dramaturgie eines Spiels. Hätte, hätte…

Florian Stritzel streckt sich vergeblich – der Schlusspunkt eines irren Spiels.

Ich hab mich über die Spielkultur im Mittelfeld gefreut und bin froh, dass wir dort nun scheinbar über Varianten verfügen, die wir auch am Gegner ausrichten können. Was aber natürlich das einzige Mittel zu mehr Sicherheit und Selbstvertrauen ist, sind Punkte auf der Habenseite. Fünf Punkte aus drei Heimspielen sind gut, ein Punkt aus drei Auswärtsspielen eher ausbaufähig. Dazu haben wir jetzt zwei Wochen lang Gelegenheit. In Heidenheim war es immer ein Kampf, Frank Schmidts Mannschaften sind immer energetisch und griffig. Dort wird eine gute Arbeit gemacht, sie sind 2014 ja gemeinsam mit uns aus der 3. Liga aufgestiegen und haben es fünf Spielzeiten lang verstanden, sich um ein Grundgerüst der Mannschaft immer weiter zu entwickeln. Da sind noch Jungs aus der damaligen Drittliga-Saison dabei, die wissen genau, wie der Hase läuft. Würde nicht nur mich freuen, wenn unsere Lilien nun endlich das Osnabrück-Trauma aus den Kleidern schütteln könnten. Insofern: Alle auf die Ostalb!

Traumwetter im schönsten Stadion der Welt.

Autor: Markus
Fotos: PotatoCreations

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