Zu Beginn der neuen Saison stand mit dem Auswärtsspiel beim HSV gleich ein Saison-Highlight an. Hamburg ist ja immer eine Reise wert, und zumindest beim HSV waren die Lilien in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Abseits vom Fußball gab es am Sonntag einen Darmstädter Erfolg in Hamburg: Beim Ironman konnte sich der Triathlet Paul Schuster als Dritter der Gesamtwertung (hinter dem Dänen Hogenhaug und dem Schweizer Wild) einen Podestplatz und zusätzlich den Deutschen Meistertitel auf der Langdistanz sichern!
Nach dem grandiosen Last-Minute-Sieg im März hofften die Lilien-Fans auf ein erneutes Erfolgserlebnis. Dass das nicht einfach werden würde gegen eines der Schwergewichte der Liga, war aber auch klar. Obwohl das vorherige Duell so viel geboten hatte und trotz fan-freundlicher Anstoßzeit, war der Gästeblock dieses Mal leider nicht ausverkauft und in den anderen Blöcken im weiten Rund des Volksparkstadions klafften teils viele große Lücken. Gut 44.000 Zuschauer sind zwar immer noch sehr viele, aber irgendwie herrschte zu Beginn eher eine Sommerkick-Atmosphäre.
Mit Marcel Schuhen, Dario Dumic und Fabian Schnellhardt schafften es drei Neuzugänge in die Startformation der Lilien. Auf der anderen Seite standen unsere Abgänge Daniel Heuer Fernandes im Tor, Christopher Moritz saß auf der Bank. Beim HSV gab es im Sommer nicht nur Änderungen beim kickenden Personal, beim Trainer und Sportvorstand, sondern es wurde auch mit einigen Traditionen aufgeräumt. So wurde die Uhr abgebaut, die im Volksparkstadion einst sekundengenau die Zeit der ununterbrochenen Bundesligazugehörigkeit angezeigt hatte (letzte Saison war sie dann dazu umfunktioniert worden, die Zeit seit der HSV-Gründung zu messen). Und auch die von Lotto King Karl stets vor Spielbeginn vorgetragene Hymne „Hamburg, meine Perle“ war abgelöst worden.
Auf die 2. Bundesliga insgesamt bezogen, gab es mit Saisonstart unter anderen zwei Änderungen. Zum einen können die Vereine nun einen 20 Spieler umfassenden Kader nominieren, zum anderen gibt es den Videoschiedsrichter nun auch hier. Dazu später mehr…
Der HSV legte gleich los und kam zu einigen Chancen. Die Lilien verteidigten engagiert, profitierten aber auch von der schlechten Chancenverwertung der Hamburger. In der 25. Minuten hatten die 98er zudem Glück, dass ein Foulspiel von Patrick Herrmann an der Strafraumgrenze nicht mit Elfmeter geahndet wurde. Nach Balleroberungen schalteten sie schnell um und kamen zu Distanzschüssen von Marvin Mehlem und Serdar Dursun. Mit ein bisschen mehr Ruhe und Übersicht wären sogar noch mehr Chancen drin gewesen. Da der HSV weiterhin nicht daran dachte, seine Chancen zu verwerten und Marcel Schuhen ein aufmerksames Pflichtspiel-Debüt spielte, ging es torlos in die Pause. Das war ja schonmal besser als in der letzten Saison!
Aus der Pause kamen die Lilien mit viel Schwung zurück auf den Rasen, Sekunden später scheiterte Serdar Dursun mit seinem Torschuss an Daniel Heuer Fernandes, der den Ball jedoch nur nach vorne abklatschen lassen konnte. Und da stand ein blonder Lilienspieler, der im Nachschuss für die Lilien-Führung sorgte! Tim Skarke, der Neuzugang aus Heidenheim, war zur zweiten Halbzeit eingewechselt worden und sofort da. Auch nach seinem Tor belebte er das Darmstädter Offensivspiel sichtbar. Die Führung zeigte Wirkung, der HSV verlor den Faden und kam nicht mehr zu so vielen Chancen wie zuvor. Sollte es den nächsten Auswärtssieg beim HSV geben? Die Lilien konzentrierten sich weiterhin vor allem auf die Verteidigung, kamen aber vereinzelt zu Torchancen. Der in der 81. Spielminute eingewechselte Tobias Kempe hätte bei zwei Chancen den Sack zumachen können. So blieb es also bis zum Ende der regulären Spielzeit bei der 1:0-Führung und der Sieg schien greifbar nah. Die HSV-Fans verließen schon in Scharen das Stadion.
Gerne würde ich den Spielbericht hier beenden, doch es wurde eine fünfminütige Nachspielzeit angezeigt. In dieser wurden die Hamburger zunächst auch nicht gefährlicher und als wir langsam an den etwas glücklichen Auswärtssieg glaubten, gab es doch noch eine Szene im entfernteren Strafraum, in deren Anschluss einige Hamburger Spieler protestierten, Schiedsrichter Hartmann jedoch weiterspielen ließ. Als wir schon erleichtert aufatmen wollten, griff die Videoschiedsrichterin ein, die ein Foul von Dario Dumic gesehen hatte. Der Schiedsrichter schaute sich die Szene mindestens zwei Minuten lang am Bildschirm an, während alle anderen angespannt auf die Entscheidung warteten. Er gab dann Elfmeter, Hunt ließ Marcel Schuhen in der 98. Minute keine Chance. 1:1, ein durchaus respektables Ergebnis, doch durch den Spielverlauf, das strittige Eingreifen des VAR und das ungewohnt lange Warten auf Schiedsrichter-Entscheidungen fühlte es sich zunächst fast wie eine Niederlage an. Solche Szenen sind Wasser auf die Mühlen aller Kritiker des Video-Beweises. Was soll man sagen… Vielleicht profitieren die Lilien im weiteren Verlauf der Saison selbst mal vom Video-Schiedsrichter und schließlich haben die Darmstädter Vereinsvertreter eben auch für dessen Einführung gestimmt.
Autorin: Iris Gönsch