Lilienfieber lebenslang – Treue Lilien-Fans: Christian Cevolani im Porträt

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Das Datum des Wunders auf der Haut

Er steigt,  umzingelt von roten Flammen , mit weit ausgebreiteten Flügeln aus Gesteinsbrocken  in die Höhe auf – der „Phönix aus der Asche“, den der Reinheimer  Christian Cevolani  auf seinem rechten Oberarm tätowiert trägt. Unter dem mythischen Vogel stehen die Daten 19.05.2014, das Relegationsspiel in Bielefeld und damit der Aufstieg in die zweite Bundesliga, und 24.05.2015, der Sieg gegen St. Pauli,  und damit der Durchmarsch in die erste Liga. „Wie der Aufstieg von Phönix aus der Asche,    das kam ja quasi aus dem Nichts, da hat niemand mit gerechnet. Ich wollte das auf meiner  Haut haben, auch wenn ein normaler Mensch das nicht verstehen kann“, erklärt Christian. Ein zweites Tattoo, eine filigrane Lilie am rechten Unterarm, ist für ihn keiner großen  Erwähnung wert, weil selbstverständlich: „Die hab‘ ich schon lange, das ist halt mein Verein.“

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In Bielefeld war der Reinheimer  mit seinem Fanclub „Los Locos“, es war die erste Auswärtsfahrt des Clubs. „Das war schon unglaublich, was wir da erlebt haben“, gerät Christian sofort ins Schwärmen. Für ihn persönlich war aber ein anderes Spiel wegweisend: „Mai 2013, nach der Niederlage gegen die Stuttgarter Kickers,  der Abstieg. Zwei Tage später, am Montag, gewinnen die Lilien in Offenbach das Hessenpokal-Endspiel gegen SV Wehen 4:0. Da hat man schon gemerkt, dass in der Mannschaft Charakter steckt. Zwei Tage nach dem Abstieg die Eier zu haben und die so abzufiedeln, das war wie ein Startknopf“.

Zu diesem Zeitpunkt war Christian Cevolani schon ein Vierteljahrhundert treuer Lilienfan. Er kann sich noch gut an das erste Spiel, zu dem ihn sein Bruder ans Bölle mitgenommen hatte,  erinnern: „2. Juni 1988, Bundesliga- Relegation gegen SV Waldhof Mannheim, 3:2 Heimsieg nach 0:2 Rückstand, das war geil.“ Was begeistert ihn an den Lilien? „Der SV Darmstadt 98 ist ein Verein, der nach wie vor familiär ist. Wir haben ohne das große Geld unser eigenes Märchen geschrieben, im deutschen Profifußball sind wir damit einzigartig, so richtig geil Old-School.“ Christian  verpasst kein Heimspiel und kein Auswärtspiel. „Außer, ich bin mal krank, ich fahre auch während der Saison nicht in Urlaub.“ Anstrengend war für den gelernten Drucker, der eine kleine Digital-Druckerei leitet, das eine Jahr, in dem er in Oberbayern arbeitete und wohnte. Da war auch die Anreise zu den Heimspielen lang.

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Der Reinheimer hat selbst lange Zeit beim FC Ueberau Fußball gespielt und war auch viele Jahre als Trainer tätig. „Deshalb sehe ich Spiele oft auch anders als andere Zuschauer, mehr unter taktischen Gesichtspunkten.“ Mit dem neuen Trainer Torsten Frings ist Christian  „voll zufrieden“. Zu seinen Lieblingsspielern im aktuellen Kader gehören Peter Niemeyer („cool als Spieler und als Mensch, kämpft und gibt immer alles“) und Sandro Sirigu („nett und ein richtig guter Spieler“). Am Neuzugang Hamit Altintop schätzt er „die Erfahrung und Ruhe, die er ins Spiel bringt, das tut gut“.  Was fehlt, so Christian, „ist ein Stürmer, der die Bälle vorne fest macht.“  Von den Ehemaligen trauert er vor allem Hanno Behrens nach, dem „Kickers-Killer“, wie ihn Christian nach dem Tor von Behrens zum 1:0 Heimsieg gegen den OFC in der dritten Liga nennt. In den heimischen Wänden hat Christian ein Foto von Hanno Behrens und sich hängen. „Er war ein unauffälliger, aber unheimlich wichtiger Spieler, ein Wasserträger, der die Drecksarbeit machte.“

Und wie ist es um die Zukunft der Lilien bestellt? „Als Darmstadt-Fan bist du es  gewohnt zu leiden. Noch leben wir, und die Ente kackt immer von hinten. Erst wenn rechnerisch nichts mehr möglich ist, können  wir das Buch erste Liga erst mal schließen, das ist kein Weltuntergang.“ Christian ist sich aber auch sicher: „Die Geschichte wiederholt sich so nicht mehr.“

Autorin: Liz Schuster Fotos: Nicole Ferdinand