Spielbericht FC Union Berlin – SV Darmstadt 1898

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Fußballbericht statt Plätzchenrezept

Berlin, Halbzeitpause. Meine Lust einen Bericht zu schreiben, war vollkommen im Keller. Klar, die Mannschaft agierte besser als noch die Woche zuvor gegen Sandhausen, dafür brauchte es jedoch auch nicht viel, aber der Glaube, nach dem 1:0 der Gastgeber was reißen zu können, war bei mir nicht vorhanden. Vielleicht sollte ich statt einem Spielbericht einfach ein Backrezept für Plätzchen posten. Schließlich hat der Weihnachtsmarkt in Darmstadt seine Pforten geöffnet, ein klares Indiz, dass wir uns in der Vorweihnachtszeit befinden, und da kommen Backrezepte für Plätzchen grad recht. Während meine Gedanken um Vanillekipferl, Zimtsterne, Butterplätzchen und Spritzgebäck kreisten, bereiteten die Jungs und Mädels vom Block 1898 ihre Choreografie vor, welche einen fulminanten Start in Halbzeit Zwei einläutete.

Sprung zurück. Nach einigen Stunden im 9er fuhren wir vor unser Hostel, und was erblicken meine mit Tränensäcken unterfütterten Augen? Die nordkoreanische Flagge! Zeit, mal zu googeln, wo wir hier eigentlich übernachten. Die Geschichte unserer Unterkunft ist etwas bizarr, denn das Gebäude ist Eigentum Nordkoreas, ergo fließen die Mieteinnahmen direkt dorthin. Der UNO-Sicherheitsrat verschärfte 2016 die Sanktionen gegen das Regime aus Pjöngjang und verbietet seitdem das Vermieten oder Verpachten von Immobilien. So wurde auf Nordkorea Druck ausgeübt, das Mietverhältnis mit den Hostelbetreibern zu kündigen, was wohl auch geschah. Eine Schließung der günstigen Unterkunft ist derzeit jedoch nicht absehbar.

Genug von der Politik, denn in Berlin gab es am Freitag nur ein Motto „Hier regiert der SVD“ und so fuhren wir mit den Öffentlichen raus nach Köpenick.

Das Stadion ist eine Wucht! Die Stehplätze, die tolle Haupttribüne, das Forsthaus, die Musik, dazu der Geruch von Bier und Wurst. Ach Fußball, du bist so wunderbar! Dass Union Berlin ein besonderer Klub ist, konnte man an diesem Abend spüren. Die „Schweige“-Minute zu Ehren Unions ehemaligem Pokalhelden Jimmy Hoge war auch so ein besonderer Moment: Statt schweigen, brandete ihm zu Ehren Jubel auf, und auch der Gästeblock zollte seinen Respekt.

Mit einer dicken Überraschung konnte Torsten Frings aufwarten, denn Joel Mall musste auf der Bank Platz nehmen und für ihn kam Florian Stritzel zu seinem Debüt im Liliendress. Der Junge machte auch eine gute Partie, doch nach 39 Minuten patzte er schwer und Prömel traf zum 1:0 für Union. Pausenführung für die Eisernen, und meine Gedankenspiele zu Vanillekipferl und Co. nahmen ihren Lauf.

Die Lethargie endete alsbald, denn die zweite Hälfte sollte es in sich haben! Die Choreo von UDL war noch halb im Gange,  da netzte Boyd zum 1:1 ein. JAAA! Hier geht ja doch was! Unsere Lilien kamen deutlich schwungvoller aus der Kabine, und so konnte der unberechtigte Handelfmeter zum 2:1 für Union, auch nur kurz für schlechte Stimmung sorgen. Man merkte, dass wir heute ebenbürtig sind, dass die Jungs wollen. Nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer der Eisernen konnte Boyd erneut für den Ausgleich sorgen. Der Gästeblock tobte! Nachdem Christopher Trimmel den agilen Marvin Mehlem im Strafraum zu Fall brachte, trat Tobi Kempe zum fälligen Elfmeter an. Da rutscht mir als das Herz in die Hose, wenn einer unserer Jungs am Punkt steht, doch Tobi machte seine Sache exzellent und verwandelte sicher zur 3:2-Führung! Überragend! Zweimal nach einem Rückstand zurückgekommen, und das beim Aufstiegsaspiranten Union. Das Kämpfergen steckt doch noch in der Mannschaft. Doch es waren noch 24 Minuten plus Nachspielzeit auf der Uhr.

Gute Chancen entstanden auf beiden Seiten, und Stritzel parierte erstklassig einen Kopfball von Polter (76. Minute). Doch bis zur 90. Minute sollte nichts mehr passieren. Der bange Blick zum 4. Offiziellen verriet – 4 Minuten Nachspielzeit. Scheiße! Handy rausgeholt, Stoppuhr angemacht. Als diese bei 1:30 stand, waren wir auf der rechten Seite im Vorwärtsgang. Statt den Abschluss zu suchen und einen Ballverlust zu riskieren, versuchte man das Spiel zu verwalten. Dies war nicht von Erfolg gekrönt und der eingewechselte Bezjak sorgte mit seinem Fehlpass für den Gegenangriff von Union, welcher zunächst in einen Freistoß endete. Die Uhr stand mittlerweile bei 3:00 als der Ball getreten wurde und Sulu die Kugel ins Toraus klärte. Ecke.

Der Ball kam scharf rein, Kopfball Union, aber Holland konnte auf der Linie klären. Doch der Ball flog Rosi an den Kopf und von dort aus ins Tor. 3:3. Die vier Minuten sind um. Abpfiff.

Verdammte Axt, so viel Pech… Wie sagte einst Andy Brehme? „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“ Es ist so bitter, dass die Mannschaft sich nach diesem Kraftakt in der zweiten Halbzeit nicht belohnen konnte, und so blieb uns im Gästeblock auch nichts anderes übrig, als erstmal kräftig durchzuatmen und dann die Mannschaft ein stückweit aufzubauen. Mit viel Applaus wurde sie dann in die Kabine entlassen und ein fulminanter Fußballabend fand sein Ende. Ein sehr bitteres Ende, aber eines, was es zu erzählen galt. Rezepte über Vanillekipferl hat ja sicherlich jeder daheim.

Autor: David Saar