Wohin mit dem Bölle?

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Dresdner Frauenkirche, Hamburger Michel, das Weiße Haus, Notre Dame… und viele weitere große Bauwerke finden alle im früheren Büro von Franz Gruber Platz, denn der Ruheständler aus Babenhausen baute all diese Gebäude als Streichholz-Modell nach. Mittlerweile  sind es mehr als  50 dieser Miniatur-Prachtbauten, an denen rund  1,2 Millionen Streichhölzer verbaut sind! Doch in der Mitte des Raumes offenbart sich ein Modell, welches jedem Lilienfan den Atem rauben wird – unser Bölle als Streichholznachbau!

In den letzten Monaten vor dem Umbau erhält unsere traditionsreiche Spielstätte nochmal eine ganz besondere Würdigung. Die Idee stammt von Sohn Michael. Der Lilienfan und Dauerkarteninhaber ist „Bauleiter“ und schaut mit kritischem Blick die Einzelheiten des Modells an. Die Aufgabe ist wahrlich nicht einfach, denn erstmal galt zu klären, welchen Bebauungsstand man als Vorlage nimmt. Das 3D-Puzzle aus dem Fanshop sollte hier helfen, wobei der kritische Blick auch hier kleine Abweichungen bzw. einen Mix aus verschiedenen Spielzeiten erkannte. So einigten Vater und Sohn sich darauf, den Stadionzustand aus dem Relegationsheimspiel gegen Arminia Bielefeld (Saison 13/14) zu übernehmen. Nach diesem Spiel folgten zum Beispiel Änderungen wie die Versetzung des Rasens oder die Errichtung der Hintertor-Tribünen (Saison 16/17), welche im Modell nicht dargestellt sind. Neben dem Puzzle ist es eine große Hilfe, dass die Umbauten am Stadion noch nicht begonnen haben. So konnte Michael, dank Unterstützung der Fanbetreuung, auch schon vor Ort selbst Maß nehmen.

Im Maßstab 1:130 wird das Stadion möglichst detailgetreu nachgebaut, jedoch stößt man auch aufgrund des Materials an seine Grenzen. Ein Streichholz ist zwei Millimeter dick, alles was kleiner ist, ist einfach nicht umsetzbar. Dazu gehören etwa die Blocktrennung zu den Gästen, Sitzschalen oder Wellenbrecher. Für das Tor wurde ein dünner Draht genommen, aber selbst dieser führt dazu, dass das Gebälk umgerechnet 20 Zentimeter dick ist. Weiter möchte Franz bei seinen Modellen grundsätzlich nur Streichhölzer verwenden. Für Sohn Michael wurden somit beide Augen zugedrückt und der Bauleiter erhielt eine Sondergenehmigung. Modellbau heißt manchmal auch, Kompromisse einzugehen. Gruber weiß das, schließlich hat er mittlerweile über 50 Jahre Erfahrung.

Das Modell befindet sich in der letzten Bauphase. Das Marathontor muss nochmal korrigiert werden, denn dies war in der Vorlage zu schmal. Ansonsten fehlen nur noch die Dugena-Uhr, die Auffahrt neben der Haupttribüne und die Flutlichtmasten. Letztere bereiten derzeit noch Kopfzerbrechen, zum einen sind da die achteckig konisch zulaufenden Masten und zum anderen soll das Flutlicht funktionieren. Hier muss ein besonderes Augenmerk auf die Wärmeentwicklung geworfen werden. „Brandgefährlich“ ist bei Streichholznachbauten wörtlich zu nehmen! Um die Gefahr jedoch zu mildern, wird jedes Streichholz vorher angezündet, dies hat auch weitere positive Nebeneffekte. Zum einen hat der Streichholzkopf einen anderen Durchmesser als sein Stiel und ist somit ungeeignet für den Verbau, zum anderen kann man mit dem verkohlten Ende Details heraus arbeiten – Treppenaufgänge zum Beispiel.

Über 20.000 Streichhölzer und 400 Stunden Arbeit stecken in dem Modell, doch den Wert kann Franz Gruber nicht beziffern. Darum geht es ihm auch nicht. Er möchte den Menschen mit seinen Modellen eine Freude machen, und genau deshalb sollen sie auch nicht in Lagerhallen oder Kellern verstauben. Der Bastler möchte seinen Stadionnachbau für alle Lilienfans zugänglich machen. Die große Frage ist nun „Wohin mit dem Bölle?“, denn der Platz am Stadion ist begrenzt und der Umbau wird die Situation verschärfen. Überlegungen zu einem Lilienmuseum bestehen zwar, aber der Weg dorthin ist noch sehr weit. Die Geschäftsstelle des SVD ist in die „Standortsuche“ bereits eingebunden, jetzt gilt es, kreative Ideen zu entwickeln.

Die Fertigstellung des Modells ist bis zum Heimspiel gegen Kaiserslautern geplant. Wie geht’s dann für Franz Gruber weiter? Schließlich hat er noch ein paar hunderttausend Streichhölzer, die verbaut werden können, und ein neues Stadion entsteht ebenfalls bald. Doch die Idee dieses Nachbaus entstand daraus, das „altehrwürdige Bölle“, wie Michael sagt, mit seinem ganz eigenen Charakter festzuhalten. Das neue Stadion muss diesen erst entwickeln, und so lange baut Franz Gruber wieder großartige Bauwerke aus nah und fern nach.

Autor: David Saar