Vorbericht SV Darmstadt 98 – 1. FC Köln

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Wir haben keinen Gegner mehr, der 1. FC Köln muss her“ – dieser spaßige Spruch zierte einst ein Banner, das von euphorisierten Lilienfans an den Stadionzaun gehängt wurde. Das war im Jahr 1978. Die Lilien spielten damals eine sensationelle Rückrunde in der noch in zwei Staffeln unterteilten Unterklasse und schafften am Ende den ersten Darmstädter Einzug ins deutsche Fußballoberhaus. Und der Effzeh? Der war zu jener Zeit ein ganz dicker Fisch, sicherte sich 1978 sogar das Double aus Meisterschaft und Pokal, was den bis heute größten Erfolg in der Vereinsgeschichte bedeutet.

Diese Zeiten sind indes lange vorbei. Den erfolgreichen Siebzigern folgten durchwachsene Saisons in den Achtzigern. Zu Beginn der neunziger Jahre wurde die finanzielle Schieflage des Vereins öffentlich. Diese konnte zwar wieder bereinigt werden, trotzdem nahm der sportliche Abstieg seinen Lauf. 1998 musste der Effzeh, der seit der Gründung der Bundesliga 1963 immer erstklassig gewesen war, den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Seitdem existiert mit dem Hamburger SV nur noch ein Bundesliga-Dino, der sich in den letzten Jahren diesen Nimbus mit mehr Glück als Verstand bewahren konnte. In der Folgezeit entwickelte sich Köln zu einer wahren Fahrstuhlmannschaft, denn dem ersten Abstieg folgten in den folgenden fünfzehn Jahren vier weitere. 2014 stieg der FC wieder in die Bundesliga auf und beendete die abgelaufene Spielzeit auf einem sicheren 12. Platz.

Maßgeblichen Anteil am früh gesicherten Klassenerhalt hatte Toptorschütze und Publikumsliebling Anthony Ujah, der im Sommer jedoch an die Weser wechselte. Für die freigewordene Stelle wurde Ujahs Namensvetter Anthony Modeste von der TSG aus Hoffenheim verpflichtet. Welch ein Kulturschock für den Mann, bedenkt man den Unterschied zwischen dem Kraichgauer Kuhkaff und der Millionenstadt und Karnevalshochburg Köln. Aber diesen Wechsel scheint er (wen wundert’s) super gemeistert zu haben. Zehn Torbeteiligungen kann der Franzose nach 13. Spieltagen für sich verbuchen (6 Tore, 4 Assists). Damit ist er an 66% aller Kölner Tore direkt beteiligt. Der Sportverein sollte also gewarnt sein, dieser Mann ist Gold wert für den Effzeh!

Ansonsten ist definitiv Köln-Keeper Timo Horn hervorzuheben. Der 22jährige spielte auch diese Saison wieder eine bärenstarke Runde und wehrte laut Kicker ligaweit bisher die meisten Schüsse von seinem Kasten ab. Einer Karriere in der Nationalmannschaft steht nur die bärenstarke Konkurrenz durch die Herren Neuer, Trapp & Co. im Wege.

Was gibt’s sonst noch über den 1. FC Köln zu sagen? Der Verein ist einfach Kult. Mit knapp 71.000 Vereinsmitgliedern rangiert Köln unter den deutschen Fußballclubs auf dem fünften Platz. Die Multikulti-Metropole Köln ist ganz verrückt nach ihrem Effzeh. Wo andere Vereine willkürliche Maskottchen auf den Rasen schicken, verfügt der Effzeh mit seinem Geißbock über ein Maskottchen, das an Tradition nicht zu übertreffen ist. Einst während einer Karnevalssitzung dem Verein zum Geschenk gemacht, steht Hennes, wie der Geißbock in Anlehnung an Trainerlegende Hennes Weisweiler getauft wurde, in der mittlerweile achten Generation am Seitenrand und verfolgt mehr oder minder interessiert das Geschehen auf dem Rasen.

Aber Hennes bekommen wir erst nächstes Frühjahr zu Gesicht. Zunächst geht’s diesen Freitag am Bölle um wichtige Punkte. Auswärts gibt’s in dieser Saison für den Effzeh keine halben Sachen. In sechs Partien gab es immer einen Sieger, die Hälfte der Gastauftritte konnte Köln für sich entscheiden. Nach drei Niederlagen aus den letzten vier Spielen ist es an den Lilien, den Kölnern ihre vierte Auswärtsniederlageniederlage zuzufügen. Mit Blick auf die bedrohlich nahen Abstiegsränge wäre ein Dreier immens wichtig.

Außerdem steht in der Woche darauf das Derby an, woran uns unsere Freunde aus der Finanzstadt durch allwöchentliche Besuchsversuche auch immerzu erinnern. Auch in Anbetracht dieses Spiels wäre es hilfreich, sich gegen die Kölner die nötige Portion Selbstvertrauen zu besorgen, um im Derby bestehen zu können. Vielleicht packen die Fans ja zur Begrüßung der Kölner wieder das Banner aus. Es ist zwar beileibe nicht so, dass wir keine Gegner mehr hätten, aber vielleicht kommt der Effzeh als Gegner gerade recht.

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