Es wäre vielleicht des Guten zu viel gewesen… Der SV Darmstadt 98 hat es verpasst, vorzeitig die Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs perfekt zu machen. Dabei war alles angerichtet. Durch das Unentschieden der Lauterer in Aue hätten die Lilien mit einem Sieg in Fürth das Wunder wahr machen können. Ausgerechnet Fürth. Die Franken haben eine gruselige Saison hinter sich. Nachdem sie im vergangen Jahr noch fast den HSV (verdientermaßen) in die Zweitklassigkeit geschickt hatten, kämpfen sie diese Saison um den Verbleib in selbiger Klasse. Doch die oft zitierten Kräfte, die der Abstiegskampf freisetzen kann, zeigten an diesem Tag ihre Wirkung.
Apropos Tag, der hatte schon denkbar schlecht begonnen. Unserem Neunsitzer, mit dem wir die Reise ins Frankenland antreten wollten, war über Nacht der Saft ausgegangen und es stellte sich als erstaunlich kompliziert heraus, die benötigten Starterkabel aufzutreiben. Nachdem wir diese Hürde genommen und sämtlichen Proviant im Wagen verstaut hatten, fuhren wir mit einiger Verspätung los in Richtung Franken. Dass der SVD en vogue ist, wurde unterwegs deutlich. Rund 4000 Heiner machten sich, wie schon letzte Woche gegen den KSC, auf den Weg, um ihre Lilien bei der Mission „Sensationsaufstieg“ zu unterstützen. Der ein oder andere Stau verzögerte unsere Ankunft zusätzlich.
Endlich im Stadion am Ronhof angekommen, schafften wir es gerade pünktlich, um die Choreo mitzuerleben. Dirk Schuster als John „Hannibal“ Smith vom legendären A-Team inklusive brennender Zigarre. Gigantisch gut! Smith ist dafür bekannt, dass er immer einen verwegenen Plan in der Tasche hat, der zu seiner Freude immer irgendwie funktioniert. Auch Dirk Schuster hatte wohl einen guten Plan für die Partie, nur leider hakte es bei der Durchführung. Insgesamt zwanzig Mal und damit doppelt so oft wie der Gegner schossen die Lilien aufs Tor, teilweise aus mehr als aussichtsreicher Position. Ein Tor aber wollte nicht fallen. So scheiterte etwa Hanno Behrens vor dem Halbzeitpfiff aus kürzester Distanz nach einer Kempe-Ecke. Richtiges Tempo konnte die Partie aber nicht aufnehmen. Dies änderte sich erst mach Marco Stiepermanns Freistoßtreffer nach gut einer Stunde Spielzeit.
Die Lilien erhöhten nun deutlich die Drehzahl. Dirk Schuster brachte mit Jan Rosenthal, Milan Ivana und Dominik Stroh-Engel drei frische Offensivkräfte, die das Steuer herumreißen sollten. Richtig gefährlich wurden die Darmstädter vor allem über Standardsituationen. Es passte zum Spiel, dass auch Referee Thorsten Kinhöfer nicht gerade einen Sahnetag erwischte. So verweigerte er den fälligen Elfmeterpfiff nach einem Handspiel eines Fürthers im Strafraum. Romain Brégerie, der als Innenverteidiger bereits beachtliche sechs Saisontore auf seinem Konto hat, scheiterte mehrfach mit guten Aktionen an Torhüter Hesl. Nach 83 Minuten war das Spiel für den Franzosen jedoch beendet. Nach einem Foulspiel an Stiepermann sah Brégerie Gelb-Rot. Auch in der fünfminütigen Nachspielzeit gelang es den Lilien nicht, den Ball ins Fürther Tor zu bugsieren und so blieb es beim glücklichen Sieg für aufopferungsvoll kämpfende Kleeblätter, die diese drei Punkte im Abstiegskampf dringend benötigt haben.
Die Darmstädter Fans, die schon über die gesamte Partie für eine Wahnsinnsstimmung gesorgt hatten, feierten ihre Mannschaft nach Schlusspfiff und stimmten sie auf die letzte noch ausstehende Partie ein. Denn jetzt hat der Sportverein ein richtiges Endspiel. Da auch Kaiserslautern sein Spiel nicht gewinnen konnte, bleibt der SVD auf dem zweiten Tabellenplatz und hat sein Schicksal nach wie vor in der eigenen Hand. Es fehlt nur ein einziger Sieg! Nächsten Sonntag kommt es zum High Noon, wenn St. Pauli um den Verbleib in Liga zwei und der SV Darmstadt 98 um den Aufstieg in die erste Bundesliga kämpfen. Jetzt, wo ich diesen Satz schreibe, wird mir einmal mehr bewusst, was sich für eine unbeschreibliche Geschichte in den letzten zwei Jahren rund um das altehrwürdige Stadion am Böllenfalltor zugetragen hat. Ganz egal, wie das Spiel gegen die Paulianer endet, wir werden unsere Mannschaft gebührend für das feiern, was sie in dieser Saison geleistet hat. Erst im Stadion, später in der Krone, wo die Saisonabschlussparty dann hoffentlich zu einer riesigen Aufstiegsparty wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das funktioniert. Gegen St. Pauli hat Dirk Schuster sicher wieder den richtigen Plan in der Tasche.