Schon über 22 Jahre ist es her, dass sich die ‘‘Sechz’ger‘‘ aus München und unsere ‘‘Lilien‘‘ das letzte Mal in einem Pflichtspiel der 2. Liga gegenüber standen. Damals noch im Stadion an der Grünwalder Straße. Es war der vorletzte Spieltag der ‘‘Abstiegsrunde‘‘ in der 2. Liga. Ein richtig wichtiges Spiel für beide Teams, denn es ging für beide noch um den Klassenerhalt.
Und ich, zusammen mit meinem Vater, einem gebürtigen Münchener und eingefleischten ‘‘Löwen‘‘-Fan, mittendrin unter den 18 000 Zuschauern. Die Weiß-Blauen aus München behielten über die Blau-Weißen aus Darmstadt mit 3:0 die Oberhand und mein Vater war voller Hoffnung. Doch am Ende stieg der ‘‘große‘‘
TSV 1860 München, ehemals Deutscher Meister und Pokalsieger, nach nur einem Jahr Zweitklassigkeit wieder in die Bayernliga ab.
Meine 98er hielten die Klasse (allerdings nur ein Jahr länger als 60), um dann,
bis zum ‘‘Wunder‘‘ von Bielefeld, für über zwei Jahrzehnte aus der 2. Liga zu verschwinden. Mein Vater war damals ziemlich deprimiert, und ich weiß auch nicht warum, bin seit dieser Zeit auch ein bisschen ‘‘Löwen‘‘-Fan. Nur ein Jahr später schafften die ‘‘Sechzger‘‘ übrigens den Wiederaufstieg in die 2. Liga und marschierten unter Trainer Werner Lorant sogar bis in die 1. Bundesliga durch.
Aber das ist Schnee von gestern.
Nun endlich kreuzten sich also wieder die Wege beider Vereine. Auf der Fanseite hatte sich allerdings bei uns ein Generationswechsel vollzogen. Anstelle meines Vaters, der schon vor längerer Zeit gestorben ist, war jetzt meine Tochter mit von
der Partie. Und sie ist ‚ geimpft vom Vater, ‘‘Lilie‘‘ durch und durch. Kein Zweitligaspiel wie jedes andere also für mich, sondern, in Gedenken an meinen Vater, ein emotional behaftetes Fußballspiel mit starkem familiärem Bezug.
Dementsprechend gefühlsmäßig aufgeladen kamen meine Tochter, ich und mein Kumpel Jürgen auch am ‘‘Bölle‘‘ an, in froher Erwartung auf ein blau-weißes Familienduell gegen in dieser Saison bislang zahnlose Löwen aus München. Der Gästeblock prall gefüllt mit Leuten, die schwarze Pappe gen Himmel streckten in Erinnerung an einen jüngst verstorbenen Spieler der Sechz’ger. Der Rest des Stadions ebenso voll besetzt und heiß auf den nächsten Coup der Heiner.
Die Musik machten in Halbzeit eins allerdings nicht Schusters Mannen, sondern die Gäste, die auch noch in Front gingen und kurz danach fast per Elfer noch nachgelegt hätten. Christian Mathenia im Tor der Hausherren hielt und damit seine Farben im Spiel . Mein Vater hätte seine helle Freude gehabt am Spiel seiner Elf aus Giesing, mir verschlug es beim faden Kick meiner Lilien fast die Sprache. So ein mieses Spiel, dachte ich mir, und meiner Tochter schlief auch langsam ihr Gesicht ein. Und das nicht nur wegen der lausigen Kälte unterm Tribünendach.
In Halbzeit zwo schafften unsere 98er doch noch den Turnaround. Nach dem gefühlten fünzigsten Freistoß hämmerte Leon Balogun den Ball zum (glücklichen?) Ausgleich in die Maschen. Was soll’s. Nummer 12 in Folge ohne Niederlage und ein schiedlich-friedlicher Ausgang meines Zwei-Herzen-Spiels.
Blueboy61