Lilienfieber lebenslang – Treue Lilien-Fans: Christian Herzog im Porträt

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Lilien-Bekenntnis auf vier Rädern

Wenn Christian Herzog mit seinem Auto unterwegs ist, fällt er auf. Egal ob in heimischen Gefilden oder im Urlaub, wie kürzlich beim Skifahren in St. Anton, die Menschen sprechen ihn auf das Fahrzeug an. Auf dem Kühler, am Heck und an den Seiten prangen auf Silber-Metallic-Lack große Lilien-Embleme. Es ist ein Opel Astra Sports Tourer als Lilien Edition. „Letztes Jahr wurde ein neues Auto fällig und da habe ich beim Händler nachgefragt, ob eine solche Edition  möglich ist, und siehe da, es war machbar“, erzählt Christian Herzog, der sich selbst als „ein bisschen fußballverrückt“ bezeichnet. Das Nummernschild, DA-SV 9888, hat er allerdings schon einige Jahre.

Herzog-2[1968]

Lilien-Fan ist Christian Herzog, der in Darmstadt-Eberstadt aufgewachsen ist (und dort bis zum 14. Lebensjahr bei der Germania Fußball gespielt hat) und jetzt in Nieder-Ramstadt wohnt, von Kindesbeinen an.   Seit sein Vater ihn Mitte der 1980er Jahre erstmals mit ans Böllenfalltor genommen hat. Spieler wie Rainer Scholz und Rafael Sanchez gehören zu den Fußballhelden seiner Kindheit.  „Die Euphorie für die Lilien kam dann so richtig 1988 bei der Relegation gegen Waldhof Mannheim auf, als es um den Aufstieg in die Bundesliga ging. Das hat einen so richtig mitgezogen, ich war bei allen drei Spielen in Darmstadt, Waldhof und Saarbrücken dabei“, erinnert er sich.

 Mit dem Aufstieg hat es damals nicht geklappt, aber die Euphorie ist geblieben. Soweit es ging, hat er seitdem kein Heimspiel versäumt und auch unzählige Fahrten zu Auswärtsspielen unternommen. Zuerst in Begleitung von Vater und älterem Bruder, später mit Freunden. Selbst eine Darm-Operation war 2008 für ihn kein Grund, dem Bölle fernzubleiben. „Ich habe mich für drei Stunden vom Krankenhaus beurlauben lassen, bin mit den Klammern im Bauch in die Straßenbahn gestiegen und nach dem Spiel wieder ins Krankenbett zurückgekehrt“, erzählt er schmunzelnd.  Das Risiko konnte Christian Herzog wohl einschätzen, schließlich ist er von Beruf Fachkrankenpfleger für die Intensivstation.  Seit dem 3. November 2012 – die Lilien hatten das Derby gegen den OFC 1:0 gewonnen – gibt es die „Lilienzwerge“, Christian Herzog, sein älterer Bruder und fünf Kumpels, die alle schon 20, 30 Jahre ans Bölle gehen. „Wir hatten schon lange nach einem Namen gesucht, für dieses Derby ist er uns eingefallen“, berichtet Christian. Auf ihren Trikots steht die Zahl 7, darunter „Zwerge“.

Herzog-1[1967]

2013, als der SV Darmstadt 98 quasi schon von der dritten Liga in die Regionalliga abgestiegen war (dann aber durch den Lizenzentzug für die Offenbacher Kickers die Klasse halten konnte), ließ sich Christian Herzog als Bekenntnis zum Verein auf dem linken Oberarm ein großes Lilien-Tattoo stechen. „Um zu zeigen, auch wenn es wieder runtergehen sollte, die Lilien sind bei mir im Herzen und werden es   auch immer bleiben, unabhängig von der Liga.“ Und dann 2014 die Relegation Darmstadt gegen Bielefeld. „Ich kann es immer noch nicht in Worte fassen, was wir dort erlebt haben. Ein hochdramatisches und emotionales Spiel, das in die Geschichte eingeht. Für mich hat sich innerlich nach 1988 der Kreis geschlossen, diesmal mit Glücksgefühlen.“

Auch wenn es derzeit für die Lilien nicht gut aussieht, ein Klassenerhalt ein weiteres Wunder wäre, Christian Herzog sieht  es entspannt. „Es war schon ein Kindheitstraum von mir, mit den Lilien die Bundesliga zu erleben. Jetzt sind es schon zwei Jahre am Bölle und in den großen Stadien, allein den 2:1 Sieg gegen Dortmund miterlebt zu haben, ist einmalig. Wir stehen zum Verein und feuern die Mannschaft bei jedem Spiel an. Nächstes Jahr geht es dann eben in der zweiten Liga voll weiter. Ich hoffe, dass Aytac Sulu bleibt. Und wenn der Verein Hamit Altintop überreden kann, seine Karriere in Darmstadt zu beenden, wäre das ein Traum.“

Herzog-3[1969]

Unter „fußballverrückt“ ordnet Christian Herzog auch seine Sammelleidenschaft ein: Objekte der Begierde sind Gegenstände rund um die Lilien aus den 1980er Jahren oder früher. Poster, Autogrammkarten, Fahnen, Wimpel,  ein alter Spiegel oder auch ein Riesen-Sitzsack mit Lilienmotiv, ein Unikat und Weihnachtsgeschenk, gehören unter anderem bereits zur Sammlung. Diese Nostalgie hat ihn auch dazu bewogen „wieder auf Kutte umzusteigen“. Schon als Kind hatten ihn die Kutten-Träger der großen Vereine fasziniert. „Damals gab es das Merchandising ja noch nicht so, und die Fans wollten sich individuell zeigen, jede Kutte war einzigartig.“ Er bedauert, dass diese Tradition stark rückläufig ist und vor allem, dass seine erste Kutte, die er mit zwölf Jahren hatte, nicht mehr auffindbar ist. „Das ist hart, da waren schöne, alte Aufnäher drauf.“ Lebensgefährtin Katharina, die ihn zu allen Spielen begleitet, hat ihm die Aufnäher auf die neue Kutte genäht. Es werden noch einige im Laufe der Jahre dazukommen, denn auch für Christian Herzog gilt: Lilienfieber lebenslang.

Herzog-4[1970]

Autorin: Liz Schuster Fotos: Nicole Ferdinand

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