Lilienfieber lebenslang – Treue Lilien-Fans: Klaus Hochstätter im Porträt

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Erinnerungsstück an legendäres Meisterschaftsspiel

Etwa acht Jahre war Klaus Hochstätter alt, als ihn sein Opa zum ersten Mal  ins Stadion am Böllenfalltor mitnahm. Das war Anfang der 1960er Jahre. Der Bub kletterte unter dem Zaun durch. Die heutige Haupttribüne gab es noch nicht, nur  eine überdachte Holztribüne. Wo heute der A-Block ist, stand ein Baum, der Treffpunkt  für  Opa und  seine Bekannten. „Wenn einer kommt und kontrolliert, muss du schnell raus“,  hatte er seinem Enkel erklärt. „Später hat mein Opa aber immer Eintritt für mich bezahlt, 50 Pfennig oder so hat das damals gekostet.“, erzählt der Dieburger. Als Jugendlicher ging er dann mit Klassenkameraden ins Stadion. Torwart Helmut Rau im Tor und Spieler Willy Berz sind Namen, die Klaus Hochstätter mit dieser Zeit verbindet.

Das legendäre 7:0 des SV Darmstadt 98 gegen den 1. FC Nürnberg, mit dem die Lilien im  Mai 1973 die Süddeutsche Meisterschaft perfekt machten,  war das erste Spiel, das dem treuen Fan  richtig in Erinnerung geblieben ist.  „Da haben sie frei weg von der Leber gespielt.  Die Zuschauer waren  außer Rand und Band, das ganze Stadion hat getobt.“  Uwe Ebert stand im Tor, zu den Torjägern gehörte Rudi Koch, kann sich Klaus Hochstätter noch erinnern.  Es war eines der unvergessenen Spiele in der langen Geschichte der Lilien und Hochstätter  hat ein originelles Erinnerungsstück daran: Einen etwa 40 Zentimeter hohen Fahnenmast, an dem ein Lilien-Wimpel mit der Aufschrift „Süddeutscher Regionalliga-Meister 1973“ hängt. Er ist ein Geschenk der HEAG-Kollegen.  Dort hatte  der  gelernte Starkstromelektriker   1974 eine Stelle angetreten. Die neuen Kollegen hatten mitbekommen, dass er Lilienfan war und ließen den Fahnenmast in der Betriebs-Schreinerei anfertigen.  Der Beginn eines Rituals: Hatten die Lilien ein Spiel gewonnen, wurde der Wimpel hochgezogen, hatten sie ein Spiel verloren, hing er auf Halbmast.  42,5 Jahre stand der Wimpel am Arbeitsplatz bei der HEAG,  seit Klaus Hochstätter im Vorruhestand ist, hat er einen Ehrenplatz auf der Kommode im heimischen Wohnzimmer.

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Der Aufstieg in die Bundesliga  klappte nach dem sensationellen Meisterschaftssieg 1973 nicht, den schaffte damals Rot-Weiß Essen, der SV 98 wurde Zweiter in der Fünfer-Gruppe.  1978 war es aber so weit, die Lilien spielten erstmals in der ersten Bundesliga. „Da konnte ich leider nicht so oft raus ans Bölle, weil ich in der Meisterprüfung war“, bedauert Klaus rückblickend.  30 000 Zuschauer passten damals noch ins Stadion, „wie die Ölsardinen in der Büchse haben sie gestanden“.

Mit seinem Verein hat der treue Fan in gut fünf Jahrzehnten „alle Höhen und Tiefen durchlebt“, dabei ist er im Laufe der Zeit deutlich gelassener geworden. „Dass die Lilien ausgerechnet 1998, das Jahr, in dem sie 100-jähriges Bestehen feierten, in die Hessenliga abgestiegen sind, war nicht schön“, bedauert er noch heute. „Aber die Hessenliga hatte den Vorteil, dass man nicht so weit fahren musste, nach Griesheim etwa kam man in der Saison 2003/04 auch  mit der Straßenbahn“, fügt er  schmunzelnd hinzu.   Mit Humor blickt  er  auch auf  die Regionalliga-Spiele im alten Stadion des SV Wehen am  Halberg zurück:  „Da hat es immer so  gestürmt, einmal ist sogar das Klohäuschen weggeflogen.“

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Die Fußball-Leidenschaft teilt er mit Ehefrau Ursula Völker,  seit 2008 sind sie verheiratet. Beide haben eine Dauerkarte im F-Block und sind auch häufig bei Auswärtsspielen mit von der Partie. Bevorzugt fahren sie mit dem FuFa-Bus; Klaus Hochstätter  ist seit dem Gründungstreffen am 3. Mai 2013 Mitglied der FuFa und dort im Vorstand als Kassenprüfer aktiv. Unvergesslich für beide natürlich das Relegationsspiel in Bielefeld. Ursula Völker: „Das geile Gefühl Bielefeld bleibt immer in Erinnerung.  Die Aufstiegsfeier fiel für uns  allerdings etwas trocken aus, denn im FuFa-Bus ist ja Alkohol tabu und an der Tankstelle gab es auch nichts mehr, es war schon zu spät.“

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Zur aktuellen Situation äußert sich Klaus Hochstätter eher zurückhaltend, aber letztlich zuversichtlich: „Im Sommer haben wir einen doppelten Fehlgriff gemacht, das wissen wir ja alle. Mit Trainer  Torsten Frings bin ich zufrieden, was der macht,  hat Hand und Fuß. Rein rechnerisch ist noch alles drin.“

Autorin: Liz Schuster Fotos: Nicole Ferdinand