In Gedenken an: Horst Parysol

IN GEDENKEN AN: HORST PARYSOL

Heute wäre der langjährige defensive linke Mittelfeldspieler Horst Parysol 81 Jahre alt geworden. Er verstarb am 5. Januar 2010 im Alter von 69 Jahren und wurde auf dem Bessunger Friedhof beigesetzt.

Bei den Lilien aktiv war Parysol von 1959 bis 1968 in der 2. Liga Süd, Regionalliga Süd und der Amateurliga Hessen. Er war ein Eigengewächs und galt als einer der besten linken Mittelfeldspieler der Liga. Zwei Auf- und zwei Abstiege stehen in seiner 98er-Vita. Dabei gelangen ihm 23 Treffer, viele davon Elfmeter, die er in der Regel eiskalt verwandelte und für seine Weitschüsse ebenso berüchtigt war. Eine lustige Anekdote aus dieser Zeit erzählte er zu seinem 60. Geburtstag dem Darmstädter Echo:

Und auch sonst genossen die Fußballer vom Böllenfalltor damals Freiheiten, bei denen die Trainer heutzutage die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würden. Da war das Glas Rotwein mit Ei, das die Kicker vor jedem Spiel tranken: „Das war Doping für uns“, lacht der Darmstädter, „das hab ich von den Alten gelernt.“

In der 2. Liga Süd Saison 1964/65 spielten Parysol und seine 98er am 1. Spieltag gegen den FC Bayern, gegen den sie mit 10:0 an der Grünwalder Straße untergingen. Die Bayern starteten damit eine wahnsinnige Saison, in der sie mehrere solcher Ergebnisse einfuhren und am Ende als unangefochtener Spitzenreiter in die frisch gegründete Bundesliga aufstiegen. In Darmstadt steht sie als eine der höchsten Niederlagen der Vereinshistorie in den Geschichtsbüchern und so hat sich auch Ralf Panzer in seinem Buch „Die unzähligen Blüten der Lilien“ mit dem Spiel beschäftigt und traf dabei zufällig auf Horst Parysol, der sich lebhaft erinnerte:

Als ich noch beim Regierungspräsidium in Darmstadt arbeitete und meine Beamtenkarriere begann, hatte ich das große Glück einen Kollegen namens Horst Parysol zu haben. Jener Horst Parysol spielte nahezu zehn Jahre, von 1959 bis 1968 beim SV Darmstadt 98 und war Bestandteil jener Mannschaft, die einst zweistellig in der Bayerischen Landeshauptstadt einging. Als ich den mittlerweile pensionierten Kicker eines Abends zufällig in der „Lilienschänke“, dem Vereinslokal des SV Darmstadt 98 traf, brannte es mir auf der Zunge, ihn zu jenem Spiel zu befragen. Bereitwillig gab er mir über das Auskunft, was im Laufe der Jahrzehnte an Erinnerungen nicht verblasste. Hätten die Lilien seinerzeit nur knapp verloren, so war sich Horst Parysol sicher, hätte er dieses Spiel längst aus seinem Gedächtnis gelöscht, aber eine 0:10-Pleite vergesse man eben auch über Dekaden nicht. Glücklicherweise handelte es sich im Nachhinein betrachtet um das erste Spiel des Aufsteigers aus Darmstadt in der Saison, so dass die Lilien noch genügend Zeit hatten, diese Niederlage zu verdauen. Er spielte an jenem verregneten Sommernachmittag an der Grünwalderstraße einst im Mittelfeld, aber er sah so gut wie keinen Ball während der 90 Minuten. Die Bayern spielten einen hervorragenden Fußball, schnell, zielstrebig, ballsicher und technisch versiert. Ihm und seinen Darmstädter Mannschaftskameraden blieb nur übrig, dem runden Leder nachzublicken, und teilweise war man froh, wenn der Ball mal am eigenen Gehäuse vorbeistrich und Lilien-Keeper Helmut Rau sich Zeit ließ, den Ball zu holen und auf die Abstoßmarke zu legen – so hatte man wenigstens Zeit zum Durchschnaufen. In Erinnerung geblieben sind ihm die Akteure Dieter „Mucki“ Brenninger und Rudolf „Rudi“ Nafziger, die nach Belieben ihre Tore erzielten. In der zweiten Hälfte, man lag hoch zurück, spielten die Bayern dann nur noch mit „halber Kraft voraus“, so dass der SV 98 daran glaubte, unter zehn Toren davon zukommen. Das wäre auch um ein Haar gelungen, aber kurz vor Schluss passiere es dann doch noch, und das ausgerechnet durch ein unvermeidbares Eigentor von Karlheinz Wollny, dem damaligen Verteidiger. Erst sehr viel später im Laufe der Saison und als man den Klassenerhalt bereits sicher hatte sagte Wollny rückblickend mit einem Lachen, dass er das zehnte in München den Bayern nicht gegönnt hat und es daher lieber selber erzielte. Jenes durch Horst Parysol überlieferte Zitat mag der Eigentorschütze von einst, Karlheinz Wollny, heute reinen Gewissens indes nicht mehr bestätigen; zu viele Jahre seien mittlerweile vergangen.

Im Jahr 1968 wechselte Parysol zum FC Arheilgen und später zur Germania Pfungstadt. Nach Abschluss seiner aktiven Laufbahn spielte er noch lange in der Alt-Herrenmannschaft des SVD. Zudem war Horst Parysol in den 90er- und 00er-Jahren ehrenamtlicher Ordner auf der Haupttribüne bei Heimspielen (!) und über 60 Jahre treues Vereinsmitglied.

Wir gedenken einem großen Fußballer und treuem Mitglied unseres Sportvereins. Auf dich, Horst!

Fotos: Vereinsarchiv