FuFa-Jahresrückblick 2020: Ein bewegendes Jahr

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Bunte Lilien-Eckfahnen beim 2:0-Heimsieg gegen Heidenheim

Mit Sicherheit wird 2020 in die Geschichte eingehen. Das Jahr, in dem Corona die Welt lahmlegte, das Jahr, in dem es gefühlt mehr Schicksalsschläge und traurige Ereignisse gab, als zuvor. Die Grundstimmung war selten positiv im Jahr 2020, und auch wenn der Sport, das gemeinsame Stadionerlebnis am Bölle und die Vereinsaktivitäten und -veranstaltungen uns mehr denn je fehlten, gab es auch immer wieder Lichtblicke, die zeigten, dass wir als Sportverein in der Lage sind, auch schwierige Zeiten gemeinsam zu meistern. Wir blicken zurück auf die Licht- und Schattenseiten des vergangenen Jahres in der Fan- und Förderabteilung.

Lilienfanabend – ein Bild aus einer anderen Zeit…

Unbeschwerter Beginn

Auch wenn es sich wie eine Ewigkeit anfühlt, so begann das Jahr 2020 doch eigentlich recht unbeschwert. Beim alljährlichen Andreas-Gompf-Turnier, das FuFa und Fanszene in Gedenken an den 2004 verstorbenen Fanprojekt-Gründer in der Böllenfalltor-Halle ausrichten, war die Stimmung noch prächtig. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass das Turnier in diesem Jahr wirklich eine neue Größenordnung angenommen hat. Sowohl von den Besuchern, als auch den verkauften Getränken, der Logistik oder der Dekoration. Schlussendlich verteidigte die „Sektion Botanik“ ihren Titel gegen den „Urban Squad“ aus Bern in einem packenden Finale. Der Samstagstermin und viele weitere Sachen wollten wir eigentlich mit in das nächste Turnier 2021 nehmen. Leider musste dieses verständlicherweise bereits frühzeitig gecancelt werden. Nichtsdestotrotz werden wir dieses Turnier so bald wie möglich wieder ausrichten, da es für den Zusammenhalt unter den vielen Fangruppierungen und die Erinnerungskultur der Fanszene unheimliche Bedeutung hat.

Turnier der Fanszene zu Jahresbeginn

Außerdem organisierten wir zum Tag der Befreiung von Auschwitz erneut ein Gedenken auf dem Dr.-Karl-Hess-Platz, dem sich in diesem Jahr rund 75 Menschen bei strömendem Regen anschlossen. Gerade mit der Geschichte unseres von den Nazis vertriebenen Vereinsvorsitzenden, dessen Geburtstag sich kurz zuvor zum 120. Mal gejährt hatte, ist es für uns ein stetes Anliegen, an die Geschichte zu erinnern, um als Vereinsgemeinschaft stark und entschlossen gegen jede Form von Ausgrenzung vorgehen zu können. Gerade in Zeiten der schrecklichen Anschläge von Halle oder Hanau, war das hier gesetzte Zeichen aller Anwesenden, darunter auch Vertreter:innen der Jüdischen Gemeinde, von äußerster Wichtigkeit.

Gedenken

Im Februar folgte gegen Heidenheim unser erster „blau-weiß- bunter“ Spieltag, den wir gemeinsam mit Alexander Arnold, dem Ansprechpartner beim SVD für sexuelle Vielfalt und Vorsitzender bei Vielbunt organisiert und durchgeführt haben. Nach einer eigentlich spontanen Anfrage wurde das Konzept schnell auf langfristige Füße gestellt. Geplant ist ein Spieltag pro Saison, an dem wir die Vielfalt unserer Mitglieder und unserer Vereinskultur herausstellen und uns positiv-präventiv gegen Diskriminierung von Minderheiten am Böllenfalltor und überall in der Gesellschaft einsetzen. Man muss nicht immer erst den Mund aufmachen, wenn es längst zu spät ist, sondern kann auf vielfältige Art zeigen, warum wir ein blau-weißer, aber eben auch ein bunter Sportverein sind. Für die Premiere des Konzepts waren gegen Heidenheim allerlei Aktionen zum Thema „Homophobie“ geplant. Die Mannschaft posierte mit der bekannten „Fußballfans gegen Homophobie“-Wander-Zaunfahne der gleichnamigen Initiative, am Stadion wehten die Regenbogen-Flaggen, es gab Info-Flyer auf jedem Platz des Stadions, sowie einen Stand vom Vielbunt e.V. vor der Südtribüne. Eckfahnen im passenden Design, Texte im Lilienkurier und im Stadion-Vorprogramm, bei denen sowohl die Arbeit von Vielbunt als auch der bundesweiten Initiative hervorgehoben wurden, rundeten den ersten blau-weiß-bunten Spieltag ab. Es war ein wirklich guter Auftakt mit ein paar Anlaufschwierigkeiten, aber wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Konzept zukünftig Erfolg haben werden, da es auf Darmstadt und das Böllenfalltor zugeschnitten ist – und keine große und unpersönlich wirkende Kampagne.

Die FuFa und die Fanszene in der Pandemie

Es folgte mit dem Heimspiel gegen Bochum am 7. März das letzte Fußballspiel mit unbeschränkt vielen Zuschauern im Jahr 2020 – und damit auch das abrupte Ende unserer Veranstaltungsplanungen für dieses Jahr. Dabei hätten wir eigentlich noch viel vorgehabt: Der diesjährige Tag des Vereins sollte Ende März in den Katakomben der alten Haupttribüne und dem neuen Funktionsgebäude stattfinden und wäre – mit Stadionführungen ins „Allerheiligste“, der Heimkabine – sicherlich nochmal für alle Heiner ein echtes Highlight geworden. Schweren Herzens mussten wir das alles erstmal canceln. Denn natürlich galt für uns als Vereinsgemeinschaft, was auch für die große Gesellschaft um uns herum galt: Kontakte minimieren, Abstände einhalten, Masken tragen und die Kurve der Infektionen versuchen abzusenken.

Darüber hinaus wurden wir allerdings auch recht schnell auf anderen Ebenen aktiv. Gemeinsam mit dem SV 98, seiner Fanbetreuung und Mitarbeitern, der Stadt Darmstadt und der aktiven Fanszene wurde in kürzester Zeit das Corona-Hilfe-Portal #soliDArisch aus dem Boden gestampft. Damit wollten wir Menschen miteinander vernetzen, die Hilfe suchten oder anbieten konnten. Neben einer Telefon-Hotline boten wir somit ca. 700 Helfer:innen für Risikogruppen, ältere Menschen und Personen, die bspw. psychisch durch die Pandemie betroffen waren, an. Sei es die einfache Einkaufshilfe, Hausaufgabenbetreuung oder andere Hilfsdienste – auf den SV 98 mit seinen Fans und Mitgliedern war in Zeiten der dringend notwendigen Solidarität Verlass. Dies macht uns auch heute noch unfassbar stolz und kann auch deutschlandweit als einzigartig angesehen werden, wie schnell Stadt, Verein und Anhänger gemeinsam agierten.

soliDArisch

Der Spieltag als zentraler Treff- und Lebensmittelpunkt fiel allerdings weiterhin flach. In der sehr unübersichtlichen Gemengelage zwischen finanziellen und sozialen Interessen gab es wöchentliche Sitzungen mit dem Fanbeirat, Geschäftsführung und Präsidium des Vereins, um alle Meinungen und Aspekte miteinander zu besprechen und auszuloten. Ein weiteres Zeichen dafür, wie groß das Wort „Dialogbereitschaft“ innerhalb unseres Vereins geschrieben wird. Daraus entstand etwa die Idee der Foto-Aktion „Gesicht zeigen“, bei der die Dauerkarten-Inhaber:innen die Möglichkeit hatten, ein Bild von sich im Stadion bei den Geisterspielen der letzten Spielzeit aufzuhängen, wenn sie auf eine Rückerstattung ihres Eintrittsgeldes verzichteten. Es bot sich somit ein tolles Bild auf dem Oberrang der neuen Gegengerade und der Nordtribüne, wo tausende Fotos und Namen den Spielern zeigten, wie viele Menschen trotz der schwierigen Corona-Situation mit dem Verein verbunden sind. Angebracht und abgehängt wurden die Bilder von vielen freiwilligen Helfer:innen der FuFa und aus der aktiven Fanszene. Auch dafür möchten wir uns nochmals bedanken!

Übergabe der „Unser Fußball“-Petition in Darmstadt

Bye Bye Bölle

Doch nicht nur bei solidarischen Aktionen konnten wir auf unsere Fans und Mitglieder setzten. Auch der Abschied der alten Haupttribüne fiel in die Corona-Phase. Zu gerne hätten wir die letzte Tribüne des alten Stadions gemeinsam bei einem Heimspiel würdig verabschiedet. Da dies nicht möglich war, kümmerten wir uns vornehmlich um die Raritäten-Sicherung für den Verein und die Anhängerschaft. Zunächst machte das Team Stadionführung eine letzte, digitale Stadionführung durch die alte Tribüne, die auf Youtube immer wieder angeschaut werden kann. Im Anschluss erstellten wir eine Liste mit Andenken, die wir gerne sichern wollten. Auch hier halfen viele Freiwillige der FuFa dabei, die Sachen abzumontieren und zu sichern. Später wurde ein Großteil davon unter allen Lilienfans versteigert.

Sitzschalen, die erste!

Die größte Aktion war sicherlich die Sitzschalen-Aktion, die wir gemeinsam mit den Jungs und Mädels der Südtribüne und der Gegengerade durchführten. Alle Heiner hatten die Chance, sich ihren persönlichen Sitzplatz zu sichern oder einfach nur irgendeine Sitzschale zum Preis von 18,98 € zu kaufen.

Erinnerungsstücke für alle

Die Resonanz war wie so oft überwältigend: Rund 700 Sitzschalen-Bestellungen gingen bei uns ein. Die entsprechenden Sitze wurden dann markiert – und innerhalb von nur zwei Tagen schraubten rund 60 Helfer:innen alle Sitze ab und lagerten sie unter der Tribüne ein. Der Verkauf fand Bölle-typisch mit einfachsten Mitteln, aber gut organisiert, statt – und so konnten am Ende rund 800 Sitzschalen an viele glückliche Lilienfans übergeben werden. Die eingenommene Summe kam dabei dem Fonds zur Verschönerung des Böllenfalltors und der Lilien-Fanhilfe zugute. Ein tolles Projekt, bei dem wir trotz Corona nochmals zeigen konnten, dass es oftmals die kleinen Dinge und Geschichten sind, die unser Vereinsleben prägen und charakterisieren. Somit konnten wir leider keinen großen Abschied feiern, doch zumindest allen Heinern ein Stück Böllenfalltor immerhin mit nach Hause geben. Ein gutes Gefühl!

Sitzschalen, die zweite!

Not macht erfinderisch

Doch wie sehr uns die Pandemie weiterhin beschäftigen sollte, wurde erst mit der Zeit klar, als es nach wie vor unmöglich war, unserer eigentlichen Arbeit nachzugehen und mit unseren vielen Mitgliedern in Kontakt zu kommen. Die geplante Abteilungsversammlung fiel den erneut steigenden Zahlen zum Opfer und diverse ursprünglich geplante Veranstaltungen mussten weiter verschoben oder abgesagt werden. Was also nun tun?
Dass Kreativität in Darmstadt eine spürbare Tugend ist, half uns hierbei natürlich. Neben Besuchen bei der neu gegründeten Fan-Mannschaft in der Kreisliga D, wurden sich also nun allerhand mittelfristige Projekte gesucht und beackert, die schon viel zu lange im Keller lagen. Hier hoffen wir Ergebnisse in 2021 präsentieren zu können. Seid gespannt, Lilienfans (ein erstes Projekt ist die gerade eröffnete neue Fußball-Bibliothek im Fanprojekt…)!

Doch auch sichtbare Ergebnisse unserer Arbeit waren bereits im zweiten Halbjahr 2020 zu sehen: Das größte Projekt hierbei war sicherlich der neue 5m hohe und rund 100m lange BÖLLENFALLTOR-Schriftzug an der Rückwand der neuen Gegengerade. Die Umsetzung mit den beiden szene-bekannten Künstlern Fabian Meuren und Julian „Deafman“ Bock lässt uns auch heute noch sprachlos zurück. Die beiden haben bei der von uns koordinierten Aktion dem neuen Böllenfalltor einen ersten blau-weißen Stempel aufgedrückt und gezeigt, wozu Fans in der Lage sind, wenn sie bei der Gestaltung eines Stadions mit einbezogen werden. Auch die Spieler und die sportliche Leitung zeigten sich begeistert vom Ergebnis. Und so hoffen wir, im kommenden Jahr 2021 noch einige weitere Wände am Bölle blau-weiß gestalten zu können.

Zu guter Letzt überlegten wir sehr lange, wie wir weiterhin mit den Fans und Mitgliedern in Kontakt bleiben und die Identifikation mit dem SV 98 aufrechterhalten könnten. Wir alle lernten natürlich auch die Vorzüge digitaler Meetings kennen, sind aber dennoch nach wie vor der Überzeugung, dass der persönliche Austausch durch nichts zu ersetzten ist. Nach einigen von uns mit angestoßenen digitalen Formaten, entschieden wir uns daher (vorerst) gegen größere digitale Fan-Abende mit vielen Beteiligten. Mit der Fanbetreuung und dem Fanprojekt veranstalteten wir allerdings einen sehr produktiven, digitalen Workshop für diverse Fanvertreter:innen, an dem auch Vertreter des Präsidiums und die beiden Geschäftsführer Michael Weilguny und Martin Kowalewski teilnahmen. Hier spürte man deutlich, dass die Liebe zum Fußball und den Lilien von allen Bereichen unserer Fanszene noch lange nicht erkaltet ist.

Zum Abschluss des Jahres setzten wir noch auf ein weiteres, eher neueres Medium und erschufen mit dem Podcast „der Achtnneunzscher“ ein digitales Angebot für alle Fans und Mitglieder des SV 98. Einmal im Monat produzieren wir hier eine Folge mit tiefgehenden Gesprächen rund um den Sportverein. Vier Folgen sind bereits online verfügbar und die Zahlen der Zuhörer:innen, zeigen, dass wir mit dem offiziellen Vereins-Podcast scheinbar einen Nerv getroffen haben. Wir freuen uns auf viele weitere Folgen im neuen Jahr und werden das Medium sicherlich auch über Corona hinaus beibehalten, um die unzähligen Geschichten, die es rund um die Lilien zu erzählen gibt, auch in aller Ausführlichkeit zu dokumentieren.

Roy am Podcast-Mikro

Positiv denken – negativ bleiben!

In diesem Text tauchen nun bereits viele gute Wünsche unsererseits für das neue Jahr auf. Ob und wie sich diese erfüllen werden, ist weiterhin ungewiss. Sicher ist, dass uns die Pandemie noch lange privat wie in unserer Vereinsarbeit beschäftigen wird. Nichtsdestotrotz wollen wir mit einer positiven Grundstimmung in das neue Jahr gehen. Wir wollen noch mehr Projekte anpacken, noch kreativer sein, noch mehr aus den schier unerschöpflichen Möglichkeiten unseres Vereins herausholen. Mit den nun beginnenden Impfungen hoffen wir, dass diese Arbeit 2021 insgesamt wieder leichter wird und wir uns irgendwann in diesem Jahr auch nochmal am Böllenfalltor sehen können, ohne uns gegenseitig zu gefährden. Darauf fiebern sicherlich alle hin, auch wenn wir den Zeitpunkt nicht kennen können. Bis dahin versuchen wir eben positiv zu denken, aber alle unsere Aktivitäten so zu gestalten, dass wir niemanden in gesundheitliche Gefahr bringen. Das sind es auch die schönsten Projekte und die gelungensten Veranstaltungen nicht wert.

Wir wünschen all unseren Mitgliedern, allen Fans und Heinern einen guten Start ins neue Jahr, viel Gesundheit und möglichst viel Normalität.

Eure FuFa-Abteilungsleitung

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