von Fabian Ortkamp
- Bundesligasaison 2015/16, 10. Spieltag
SV Darmstadt 1898 – VfL Wolfsburg
- Oktober 2015
Merckstadion am Böllenfalltor
Nein es war kein Spiel für Ästheten. Das wird sich auch Jogi Löw gedacht haben, der das Geschehen von der Tribüne aus verfolgte. Aber davon durfte auch nicht ausgegangen werden, wenn der amtierende Vizemeister und Pokalsieger am Böllenfalltor antritt, der zudem in der Champions League seine Gruppe noch vor Manchester United anführt. Noch vor gut einem Jahr, als die Lilien im Pokal auf den VfL Wolfsburg trafen, waren die Kräfteverhältnisse vor Anpfiff klar verteilt. Der SVD ging nach dem Sensationsaufstieg in die 2. Bundesliga als klarer Underdog gegen den übermächtigen und Dank des Volkswagenkonzerns finanziell äußerst potenten Club aus Niedersachsen in die Partie. Diese lief damals allerdings nicht wie erwartet. 120 Minuten lieferten die Lilien einen aufopfernden Kampf und zogen erst im Elfmeterschießen den Kürzeren.
Auch das gestrige Duell war geprägt von Kampf und defensiver Absicherung. Trainer Dirk Schuster brachte Toni Sailer in der Startelf, der die Position hinter Darmstadts Spitze Sandro Wagner anstelle von Jan Rosenthal einnahm. Die Gästefans lieferten kurz vor Spielbeginn ihre eigene Version des VW-Abgas-Skandals und zündeten einige grüne und weiße Rauchbomben in ihrem Block, die den Anpfiff der Partie etwas hinauszögerten. Die Lilien standen von Beginn an sehr tief und lauerten dann, wie es ihre Spezialität ist, auf den ein oder anderen Konter über die blitzschnellen Marcel Heller und Konstantin Rausch auf den Außenpositionen. In der Defensive verstanden es die Lilien, die technisch hoch veranlagten Offensivspieler der Wölfe um Julian Draxler und Max Kruse vom eigenen Strafraum fernzuhalten und so kamen in Halbzeit eins nur ein paar eher harmlose Weitschüsse über oder neben den Kasten von Lilien-Keeper Christian Mathenia.
Größer waren die Gelegenheiten der Darmstädter, die Konstantin Rausch, beim letzten Gastauftritt in Augsburg bester Mann auf dem Platz, leider nicht nutzen konnte. Führten gegen die Fuggerstädter zwei von ihm getretenen Eckbälle zu Toren, dachte sich Rausch wohl ‚warum mal nicht direkt probieren‘? Aber seinen Versuch, das Leder vom Eckpunkt direkt ins lange Eck zu streicheln vereitelte Diego Benaglio im Tor der Wölfe. Die zweite Rausch-Chance wurde durch ein famoses Dribbling von Darmstadts Turbo Marcel Heller eingeleitet. Dieser dribbelte gleich drei Wolfsburger auf der rechten Strafraumseite schwindelig und flankte dann in die Mitte, wo Sandro Wagner den Ball verpasste und der etwas überraschte Rausch den Ball am langen Pfosten nur noch ans Außennetz befördern konnte.
Dann war Halbzeit. Es ist davon auszugehen, dass Wolfsburg-Coach Dieter Hecking einige deutliche Worte an seine Mannen richtete, denn diese erhöhten im zweiten Durchgang mit zunehmender Spieldauer immer mehr die Drehzahl. In der 78. Minute gelang Wolfsburg dann der Führungstreffer. Ein flacher Schuss von der Strafraumgrenze des gerade eingewechselten Daniel Caligiuri fälschte Darmstadts Linksverteidiger Junior Diaz noch unglücklich ab und so landete der Ball über dem heran rauschenden Christian Mathenia im Kasten. Das Tor fiel zwar in der Entstehung glücklich, war aber insgesamt gesehen verdient.
Darmstadt warf nun nochmal alles nach vorne und musste hinten zwangsläufig aufmachen, was den Gästen die eine oder andere Konterchance ermöglichte. Das Wolfsburg den Sack nicht zumachte, hätte sich in der Nachspielzeit fast noch gerächt. Der eingewechselte Jan Rosenthal hatte mit einem Schussversuch aus etwa 16 Metern noch einmal die Riesenchance für die Darmstädter, aber der Ball strich knapp am linken Tor vorbei. So blieb es bei einer knappen Niederlage für die Lilien, die aber gegen diesen Gegner beileibe kein Beinbruch ist. Jetzt heißt es ‚Mund abputzen‘, denn in zwei Tagen geht’s bereits im DFB-Pokal weiter. Dann ist mit Hannover 96 der nächste Gegner aus Niedersachsen zu Gast. Die 96er dürfen damit bereits zum zweiten Mal in dieser Saison mit unseren komfortablen Kabinen vorliebnehmen. Im Pokal gilt es, die nächste Runde zu erreichen. Die nächste Runde, das wäre das Achtelfinale, welches Darmstadt seit vierzehn Jahren nicht mehr erreichen konnte. Wir auf den Rängen sind auf jeden Fall bereit für den nächsten Kampf, denn nur so kann unser Sportverein gegen all die Schwergewichte Woche für Woche bestehen.