Bundesliga-Vorbericht – Das „Interview“ mit dem Nachbar | #S04SV98

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HALLO SCHALKE!

„Tausend Feuer in der Nacht
haben uns das große Glück gebracht.
Tausend Freunde, die zusammen steh‘n.
Dann wird der FC Schalke niemals unter geh‘n.

Glaube, Liebe, Hoffnung, das klingt schon großspurig. Doch es ist so, nicht nur in Gelsenkirchen, nicht nur im Ruhrgebiet. Schalke – immerhin 7x deutscher Meister – ist ein Mythos, mit dem sich hunderttausend Fußballfans zwischen den Alpen und Kap Arkona verbunden fühlen. Einem Schalker muss man dies nicht erzählen, er weiß das. Und doch macht mich das sehr neugierig, ob das auch alles so stimmt. Wofür habe ich denn meinen Nachbarn… einen waschechten Schalker!

In diesem Sinne „Glück auf“ Herr Nachbar… und los geht‘s! Kannst Du uns erklären, was Schalke so einzigartig macht?

So ganz einfach erklären kann man das nicht. Als Fan von Schalke 04 geht die Zuneigung über den Fußball hinaus. Man interessiert und identifiziert sich mit der Region, erst recht, wenn man dort geboren ist. Schalke 04 verkörpert das Bodenständige. Schalke ist in einer sich ständig verändernden Zeit und Gesellschaft für die Fans eine feste unveränderliche Größe. Tradition spielt hier eine große Rolle. Da hat man also auch eine Gemeinsamkeit mit den Lilien. Man steht zusammen, egal was auch passiert. Die Stadt, der Verein und die Einwohner/Fans bilden eine Einheit, auch dann, wenn es mal nicht rundläuft. Letztendlich haben die Menschen hier nicht vergessen, wo man herkommt. Region und Verein sind untrennbar miteinander verbunden.

Der Kumpel – und Malocherklub kommt ja nicht von ungefähr. Morgens Schicht „auf‘m Pütt“ (Pütt=Zeche) und danach schön Fußball. Auch die Bezeichnung „Schalker Knappen“ ist begründet in der Bergbau-Geschichte der Stadt. Der Verein, übrigens einer der letzten eingetragenen Vereine der Bundesliga, lebt und man lebt den Verein. Man hält zusammen unabhängig vom Erfolg. Schalke 04 hat es immer verstanden und auch den Anspruch, ein Teil der Menschen zu sein. Genau das verkörpert der Verein. Man lebt, leidet, feiert und freut sich mit seinem Verein, weil er zur Familie gehört.

Vom „wilden Arbeiterverein“ zum weltweiten Fußballkonzern. Wie macht sich das bemerkbar?

Auch für diesen Verein zählen die gleichen wirtschaftlichen Gegebenheiten, wie für andere Unternehmen auch. Niemand ist mehr so blauäugig, das Wirtschaftsmodell Fußball nur noch im romantischen Kontext zu betrachten. Auch für Schalke gilt, dass die Zahlen stimmen müssen. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Die Vereinsführung fühlt sich weiterhin der Tradition verpflichtet und tut alles dafür, die Menschen der Region mitzunehmen. Beispielsweise wurde beim Bau der Arena beschlossen, auf einige VIP-Logen und Reporter-/ Journalistenplätze zugunsten zusätzlicher Stehplätze für die treuesten Anhänger zu verzichten. Man hat sich auf Schalke bewusst dafür entschieden, obwohl es Mehreinnahmen und eine positivere Berichterstattung bedeutet hätte.

Der Verein engagiert sich auch in der Stadt und unterstützt Schul-, Kunst- und Theaterprojekte. Karitative Verbände werden ebenso vom Verein bedient. Auch die Religion kommt bei den Knappen nicht zu kurz. Schalke 04 ist der erste deutsche Verein, der eine eigene ökumenische Kapelle innerhalb eines Stadions besitzt. Da darf sich auch jedermann trauen lassen, wenn er will.
Alles in allem ist das das moderne Schalke zum Anfassen.

Die Schalker Mauer. Wie ist sie entstanden und wozu wird sie genutzt?

Ich vermute, Du meinst die „Mauer der 1000 Freunde“? Diese Mauer wurde im Rahmen des Neubaus der Arena (2001) konzipiert. Als Fan kann man einen Baustein erwerben. Damit erhält man eine urkundliche Bestätigung und wird an der Mauer verewigt, also sozusagen ein „Teil eines Denkmals“ sein.

Die ursprünglichen Vereinsfarben waren bei der Vereinsgründung gar nicht blau-weiß. Wann wurde das geändert und was war der Anlass?

Die ursprünglichen Farben waren wohl mal gelb-rot. Kleine Anekdote… Angeblich waren die Ursprungsfarben doch blau-weiß. Das war zu Zeiten vom Spiel- und Sportverein 1896, SuS Schalke 96. Hierzu gibt es jedoch keine Erkenntnisse, da es aus dieser Zeit keine Gründungsprotokolle gibt. Offiziell blau-weiß dann am 04. Mai 1904 zur Gründung des Vereins „Sportverein Westfalia Schalke“. Danach gab es diverse Fusionen verschiedenster Gelsenkirchener Vereine. Letztendlich trennt sich 1924 die Fußballabteilung FC Schalke 04 vom Turn- und Sportverein Schalke 1877 und wird selbständig. In diesem Rahmen wurden die neuen Farben festgelegt: BLAU-WEISS

Was bedeutet der „Schalker Kreisel“?

Der Schalker Kreisel war eine Spielweise, die den Gegner dazu zwang, immer hinter dem ballführenden Spieler herzulaufen. Der Ball wurde schnell und genau zu einem freistehenden Spieler gepasst, bis die Möglichkeit zum Torabschuss da war. Man hat den Gegner schwindelig gespielt. Diese Revolution des Pass-Spiels ist heute perfektioniert worden und wird von vielen erfolgreichen Mannschaften eingesetzt.

Welche Berühmtheit ist angeblich Ehrenmitglied bei Schalke 04?

Da gibt es einige, aber Du meinst sicher Papst Johannes Paul II.

Die magische Nacht von Mailand ist für alle Schalker unvergessen. Kannst Du ein bisschen über diese Nacht erzählen?

Das war eines meiner schönsten Fußballerlebnisse, zumal wir als Außenseiter in das Spiel gegangen sind. Und nach Abpfiff erst mal Party… da hat man schon einmal das eine oder andere Bierchen getrunken. Wichtig war die Folge, dass man Schalke von da ab wieder international wahrgenommen hat. Letztendlich hat das die sportliche und wirtschaftliche Entwicklung auf Schalke begünstigt.

Manuel Neuer, ein waschechter Schalker Junge, der von Jugend an auf Schalke spielte. Er verließ Schalke in Richtung Bayern München mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Wie ist man auf Schalke damit umgegangen?

Natürlich hat man die Entscheidung respektiert. Aber die Art und Weise wie er sich im Vorfeld verhalten hat (sinngemäß „im Herzen bin ich Schalker, ist ja nur eine sportliche Entscheidung“) hat man schon wahrgenommen und sehr kritisch gesehen. Und einige Äußerungen nach seinem Wechsel waren, gelinde ausgedrückt, total daneben. Es war nicht verwunderlich, dass er von den Schalkern ausgepfiffen wurde. Einen Weltmeisterbonus gibt es auf Schalke nämlich nicht. Achtung und Respekt muss man sich verdienen. Das wird auf Schalke nicht deswegen verschenkt, weil man ein bestimmtes Trikot trägt.

Mein Schlusswort zu meinem Interview mit meinem Nachbar lautet: Die Schalker Seele ist eben etwas Einzigartiges und die „Religion Schalke“ mehr als eine schöngeistige Metapher.

Autor: Karin Hohlen

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