Alles Gude, Torben Hjermitslev!

ALLES GUDE, TORBEN HJERMITSLEV!

Einer, der erst kürzlich im Fokus der Derbygeschichte von Ostern 1998 stand und dessen Name daher in dieser Saison erstmals wieder seit über 20 Jahren auf Lilien-Trikots geflockt wurde, ist Torben Hjermitslev. Der Freistoßschütze vom Bieberer Berg wird heute runde 50 Jahre alt und dazu gratulieren wir natürlich ganz herzlich und grüßen von Darmstadt aus in den hohen Norden!

Torben Hjermitslevs Karriere startete beim dänischen Klub Aalborg und wenn Ihr Euch fragt, warum er kein Problem mit einer Einwechslung in der heißen Atmosphäre eines Hessen-Derbys hatte, dann sollte man wissen, dass der gute Torben bereits 1995 gleich dreimal für Aalborg in der Champions League eingewechselt wurde. Wer zu dieser Zeit beispielsweise beim Auswärtsspiel in den 90er-Jahren bei Panathinaikos im Athener Olympiastadion reingeschmissen wird, der bleibt auch in der rot-weißen „Hölle“ ganz locker. Eingewechselt wurde Torben außerdem noch gegen den FC Nantes und holte ein sensationelles 2:2 mit den Dänen zuhause gegen den FC Porto. Besonders lustig: Aalborg qualifizierte sich als erster dänischer Verein überhaupt für die Champions League, weil zuvor Dynamo Kiew wegen versuchter Spielmanipulation vom Turnier ausgeschlossen wurde und die Dänen somit nachrückten. Sie waren 94/95 erstmals in ihrer Geschichte Dänischer Meister geworden.

Eine verrückte Zeit muss das gewesen sein, doch widmen wir uns wieder der Karriere von Torben Hjermitslev, der 1996 aus der dänischen Superliga (ja, die hieß wirklich so, hat aber nichts mit den jüngsten Ideen von Agnelli, Pérez und Co zu tun) in die Regionalliga Süd ans Böllenfalltor wechselte. Nach Joker-Einsätzen und einer Reihe von Niederlagen für die Lilien zu Saisonbeginn, spielte er gegen den SC Neukirchen erstmals über die volle Distanz und löste mit seinem ersten Tor für den SVD gleich den Knoten beim 5:0-Auswärtssieg. Der feine Techniker und Standardspezialist lief auch eine Woche später beim Duell mit dem damaligen FC Hessen Kassel wieder von Anfang an auf und machte in der 12. Minute das 1:0 für die Lilien, die später mit 2:1 gewannen und dachten, von nun an die Kurve bekommen zu haben. Mit einem 0:2 gegen Karlsruhe II riss den Verantwortlichen allerdings der Geduldsfaden und Trainer Max Reichenberger wurde entlassen. Interimstrainer für ein Spiel gegen TSF Ditzingen (Torben traf erneut zum 2:2-Ausgleich, die Lilien verloren jedoch am Ende noch mit 2:3) war Martin Bremer, ehe Trainerlegende Lothar Buchmann zurück ans Böllenfalltor gelotst wurde.
Unter Buchmann wurde Torben auf seiner Stammposition im Mittelfeld immer wieder eingesetzt, saß aber auch einige Male draußen oder auf der Tribüne. Der SVD holte außer einem 1:0-Sieg gegen die SG Quelle Fürth bis Februar 1997 keinen einzigen (!) Punkt mehr. Dabei waren epische Niederlagen wie das 1:3 gegen Borussia Fulda am Böllenfalltor oder die 1:2-Pleite bei der SG Egelsbach. Doch wie es so häufig am Bölle war, blühten die Lilien im Frühjahr nochmal mächtig auf. Es begann mit kleinen Punktgewinnen gegen Ludwigsburg, Fürth und Weismain, ehe mit dem SSV Ulm am Bölle eine damalige Top-Mannschaft zu Gast war. Die Ulmer mit Trainer Ralf Rangnick und Verteidiger Thomas Tuchel strebten nach oben, während die 98er sich in akuter Abstiegsnot befanden. Beim Stand von 1:1 erzielte Torben in der 85. Minute den 2:1-Siegtreffer und wurde erstmals zum richtigen Matchwinner für den SVD. Mit seinen weiteren Toren in Neukirchen, beim 2:1-Sieg in Kassel oder seinem Doppelpack im Rückspiel gegen Ditzingen trug er wahnsinnig dazu bei, dass die Lilien in dieser Phase 13 Spiele am Stück ungeschlagen blieben. Beim 1. FC Nürnberg bot Buchmann Hjermitslev als zweite Spitze neben Jens Krinke auf. Dieser dankte es seinem Trainer mit einem Doppelpack zum 2:2 gegen den Tabellenführer und späteren Aufsteiger. Die Lilien gingen in Torbens erster Saison in Darmstadt als 13. durchs Ziel und retteten sich nochmal vor dem Horrorszenario Oberliga. Torben Hjermitslev hatte dabei in seiner ersten Saison im deutschen Fußball 10 Treffer erzielt.

Im Folgejahr ging es wieder nicht besonders gut los. Gegen den VfL Kirchheim traf er zwar und die Lilien konnten am Ende den ersten Saisonsieg feiern, doch an die Leistungen in der Rückrunde der Vorsaison kam die gesamte Mannschaft nicht mehr heran. Trotz kleinerer Ausfälle durch Verletzungen und Rückenprobleme kam Torben immer wieder auf seine Einsatzzeiten, doch das Tor schien wie vernagelt. Erst im März 1998 traf er beim 6:2-Schützenfest gegen Karlsruhes Amateure wieder. Es folgten drei weitere Niederlagen und ein Unentschieden ehe die Lilien den aktuell viel zitierten 3:2-Sieg am Ostersonntag in Offenbach holten und Hjermitslev ab seiner frühen Einwechslung und mit seinem legendären Freistoßtor vor dem Gästeblock und seiner Vorlage auf Wölki wesentlichen Anteil an diesem legendären Sieg hatte. Falls Ihr dazu nochmal tiefer eintauchen wollt, können wir Euch die Podcast-Folge des #98er mit ihm, Oliver Wölki und Martin Kowalewski empfehlen, in der Torben sehr schön vom Tag und der damaligen Zeit erzählt. Den Podcast findet Ihr u.a. hier: https://www.fufa-sv98.de/98er-folge-07-ostern-98-aus-die-spielerperspektive/

Denn leider endete mit einer tragischen Verletzung schon im darauffolgenden Mai seine Fußballerkarriere in Darmstadt – und eigentlich für immer. Beim Abstieg gegen Weismain sitzt Torben verletzt auf der Tribüne und erlebt die Weltuntergangs-Stimmung unter den Heinern hautnah mit. Nach der Saison wechselte Hjermitslev zum SV Wehen (damals noch auf dem Halberg), konnte für diesen allerdings kein Spiel mehr aufgrund seiner Verletzung machen. Nach der Saison 1998/99 kehrte er zurück nach Dänemark und arbeitet heute als erfolgreicher Sales-Manager für dänischen Fisch. Darmstadt hat er stets in guter Erinnerung behalten und plant nach Corona einen Besuch am Böllenfalltor, wie er in unserem Podcast erzählte.
Als kleines Schmankerl haben wir noch ein Lilienkurier-Kurzinterview von 1998 heraus gekramt, in dem unser Lieblings-Däne mit dem unaussprechlichen Nachnamen auf den Abstiegskampf und den jüngsten Erfolg gegen Offenbach angesprochen wird:

Lilienkurier, 3. Mai 1998 / SV Darmstadt 98 – SSV Ulm 1846 / Lilien im Gespräch

Torben Hjermitslev (27) wechselte im Sommer 1996 aus der dänischen Superliga nach Darmstadt und war in der letzten Saison einer der Garanten dafür, daß der Klassenerhalt in der Rückrunde doch noch unter Dach und Fach gebracht werden konnte. In dieser Spielzeit hat er bislang vier Tore geschossen, davon ein Freistoßtor beim Sieg in Offenbach.

Lilienkurier: Torben, in der Vorrunde lief es für Dich nicht besonders gut, doch in der Rückrunde zeigt Deine Formkurve nach oben, oder?

Torben Hjermitslev: Ich hatte in der kompletten Vorrunde mit Rückenproblemen zu kämpfen und konnte eigentlich nie schmerzfrei spielen. Vielleicht war es sogar ein Fehler, trotzdem aufzulaufen. Das sah bestimmt nicht immer ganz glücklich aus. In der Rückrunde kann ich endlich wieder beschwerdefrei spielen.

LK: Wie ist die Stimmung in der Mannschaft nach dem 0:2 in Neukirchen?

TH: Natürlich ist die Enttäuschung riesengroß, wir hatten uns dort mehr vorgenommen. Es tut uns leid, gerade für die Fans, die uns begleitet haben. Aber noch sind wir nicht abgestiegen, wir werden alles dafür tun, den Klassenerhalt noch zu schaffen.

LK: Ist denn in den Köpfen wirklich noch Hoffnung, es erneut zu packen?

TH: Ja, wir glauben fest an die Chance. Wir haben noch drei Spiele, können also noch neun Punkte holen. Eine Mannschaft wie Ulm ist zwar ein schier übermächtiger Gegner, doch wir können zu Hause jeden schlagen. Das haben wir schon in der letzten Saison gezeigt, wo wir Nürnberg am Rande einer Niederlage hatten. Wir sind Realisten und wissen, daß es sehr, sehr schwer wird. Aber es ist noch nicht vorbei.

LK: Meinst Du, daß die Konzentration unter dem 3:2-Sieg in Offenbach gelitten hat?

TH: Nein, wir haben gegen die Bayern-Amateure zunächst genau da angeknüpft, wo wir in Offenbach aufgehört hatten. Wir hätten gegen die Bayern den Sack zu machen müssen, doch wir haben reihenweise Chancen ausgelassen. Der Ausgleich hat uns dann aus der Bahn geworfen. Auch in Neukirchen haben wir für meine Begriffe zumindest aufopferungsvoll gekämpft. Doch mit einem Mann weniger ist es unglaublich schwer, ein Spiel zu wenden.

Wir wünschen nochmals alles Gude, viel Gesundheit und Glück für die Zukunft zum runden Geburtstag!
Tillykke med fødselsdagen fra Darmstadt!

Fotos: Vereinsarchiv