„Warum zur Hölle“ vs. den zweimal Klingelnden – oder „Die Leiden des (nicht mehr ganz so) jungen W.

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Ja, es passiert im Endeffekt zum zweiten Mal in Folge in einem meiner Berichte. Ich muss wieder mal Farbe bekennen und gegenüber Euch, meinen LeserInnen, etwas zugeben!

Mir fallen zwar – so ein bissel in Anlehnung an ein früher einmal recht bekanntes Fanzine aus dem Vorort einer größeren Stadt am Main und dessen bekannte Bild-Unterschriften – ab und an mal ein paar nette Überschriften ein. In denen geht es dann auch immer mal wieder um Lieder, Bücher, Filme… Aber wirklich gelesen hab ich von den Goethes, Schillers, Hesses, Dürrenmatts, Manns, Lindgrens und Nöstlingers dieser Welt nur die „Physiker“, den „Besuch der alten Dame“, diverse Kindergeschichten und das Buch über die Armbrust, den Hut und den Apfel.

Tja, und das Einzige, was mich mit dem Helden der Überschrift verbindet, ist, wohlwollend, dass ich im Gegensatz zu meinem etwas älteren alten Herren mit meinen Mitte 40 noch recht jung bin und es da diese unglückliche Liebe gibt. Während die Liebe des Werther zu Lotte jedoch eher keine Erfüllung findet, gibt mir meine all das, was ’ne gute Beziehung braucht – oder würdet Ihr mir etwa nicht darin zustimmen, das die Lilie Dir alles liefert? Siege, Niederlagen, Aufstiege, Abstiege, Tore, den Videobeweis? 34 bis ein paar mehr Spiele in der Saison? Mindestens 17 Auswärtsfahrten?

Und dann ist es Sonntag Nacht. Halb drei und wer da klingelt ist nicht der Postmann. Sondern eben dieser verdammte, bekannte und kein bissel nachgiebige Wecker! Dieser Arsch lässt zwar zu, dass Du Dich bei einem Blick aufs Handy und der Feststellung, dass in einer Stunde Treffpunkt ist, wieder einmal fragst, warum zur Hölle Du Dir das immer wieder antust – nicht aber, dass Du liegen bleibst.
Also, ab unter die Dusche, Zähne unter Wasser geputzt, Pflegeprogramm, Sand aus den Augen, Bart gekämmt und ab nach DA. Ans Bölle. Ein hessisch-freundliches „Leggt misch, Ihr Gummern“ und ein nachgenuscheltes „Gude, zu frieh“ in die Runde, Bus bestückt – Abfahrt.

Ca. sieben Stunden später: Ankommen, ausladen, baden, grillen – die Momente, für die Du sowas auch und immer wieder gerne tust, labern, neue Bekanntschaften machen… DAnke an die OrganisatorInnen aus Darmstadt und Bremen!

Rüberlaufen. Mit Sektion „Irgendwo im Stau“ telefonieren, Sicherheitscheck. Im Vergleich zu Al Glück gehabt, der Ordner wollte meine Geldscheine nicht einzeln auf rauslaufende Farbe kontrollieren und das Mützchen musste auch nur ca. 30 cm vom Kopf weg.

Reingehn. Das Spiel beginnt, und zumindest am Anfang hatte ich noch den Eindruck eines motivierten Gegners aus der Bremenliga. Der FC Oberneuland hielt dagegen, hat es zumindest versucht. Aber das sichere und selbstbewusste Auftreten hatten auch unsere Lilien drauf. Der ein oder andere der Jungs wusste an diesem Nachmittag im Dress mit der Lilie auf der Brust durchaus gut zu gefallen, und irgendwann führte man dann auch standesgemäß. Wobei ich ganz ehrlich bin, an diesem Mittag überwogen teilweise andere Dinge. So wurden lange nicht gehörte Songs ausgepackt, so war man irgendwann nur noch in Stimmung und guter Laune.

Gewonnen. Das – und wenn mich wer fragt, solche Tage, aber auch alles andere – das sind die Momente, die Deine Erklärung sind. Für die DauerKarte, die AusWärtsDauerKarte, die Fahrten, dafür, dass Du Siege feierst und Niederlagen verarbeitest, dafür dass Du Menschen so nah an Dich ran lässt, wie viele nicht, dass Du andere Deine Freunde nennst, Stadiontouren machst, Berichte schreibst, weil Du einfach nur einer unter vielen bist und sein darfst. Weil Deine Behinderung, Dein Gewicht, was auch immer, ob du Männlein oder Weiblein, er, sie oder es bist – weil all das nicht zählt. Denn zusammen seit Ihr alles und vor allem: blau-weiß!

Nachts um 2 bist Du dann endgültig und wieder zu Hause. Ab ins Bett, denn in vier Stunden klingelt wieder nicht der Postmann… Die Woche beginnt, die Arbeit fängt an und Ihr habt 6:1 gewonnen. So gehst Du gerne arbeiten.

Und nur eine Woche später… Ja, nur eine Woche später werdet Ihr wieder auf Betrieb sein. Ligaspiel. Wieder auswärts, lila-weiße Osnabrücker Sch… – HALT, NEIN! Mama liest ja mit… Also, auswärts halt. Beim VfL in Osnabrück. An der Bremer Brücke. Das erste mal seit fünf Jahren. Nicht das erste Mal in Liga 2, wenn ich es recht weiß…

Und ich brauch nicht mehr wissen. Brauch nicht mehr Motivation, um auch an ’nem verdammten und absolut verhassten Montag zu fahren. Früher zu gehen, mich in ein Auto einzuwählen und fahren zu lassen. Und Ihr? Gehört Ihr zu den 300, die ihr Ticket schon geholt haben? Oder fahrt Ihr erst, wenn Ihr wisst, dass sie ein Jahr jünger sind, als unsere Lilien? Erst, wenn Ihr wisst, dass auch sie nie einen Titel geholt haben und im Gegensatz zu uns lila als Erstfarbe haben? Oder wenn Ihr wisst, wer neben dem „weißen Brasilianer“ Brinkmann, Jimmy Hartwig und Joe Enochs noch so zu ihren „Legenden“ gehört?

Mir doch bumms, ich seh‘ Euch an der Bremer Brücke, die wie das Bölle zu den vereinseignen Stadien gehört…

Autor: Wuschel

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