#D98FCSP | Bill Shankly, die Lilien und das „Mehr“

0

Foto: Jan Maurer (sensationell: „Wir bringen die Zukunft… für die Lilien“ – und das vor der Baustelle während des Spiels…)

Bill wer? Und was vor allem hat der Kerl mit dem ersten Spiel unserer Lilien nach der Winterpause zu tun, vergangenen Dienstag am Bölle gegen Sankt Pauli, um das es hier ja wohl gehen dürfte. Oder etwa nicht?

Tja, der junge Herr aus Schottland hat vor einiger Zeit mal sinngemäß gesagt, dass Fußball doch wesentlich mehr ist als 22 vermeintlich erwachsene Männer oder Frauen in zwei Teams zu je 11, die einer (mittlerweile) kunstlederummantelten Luftblase hinterher hecheln und versuchen, diese öfter in ein Alugehäuse mit Netz zu bringen als der jeweilige Gegner. Mehr als 3. gegen 13., mehr als 0, 1 oder am Ende dann ganze 3 Punkte. Mehr als Heim- oder Auswärtsspiel und Auf- oder Abstieg.
Die schönste und für viele wichtigste Nebensache der Welt, Fluch und Segen, Hobby(-sport) oder Beruf.

In diesem Kontext ginge es dann eben auch bei diesem Heimspiel unserer Lilien (für jedEn einzelnEn) irgendwie um alles, nichts oder mehr. Für die einEn zählt nur das Spiel, während es für andere vielleicht mehr – oder zumindest auch – um das Drumrum geht oder ging:

Die letzten Tage des Wintertransfer-Fensters: Kommt noch wer? Geht noch jemand?Wie verkraffde merr dann die Abgenng? Wie kommt das Team aus der Pause, speziell durch und mit der Vorbereitung, können die Neuen gleich integriert werden, helfen sie direkt? Fragen über Fragen, die vermutlich auch am Dienstag durch Köpfe gingen.

Aber eben nicht nur das, hatte ich noch im Vorbericht von Reduzierungen geschrieben und davon, eine Vergangenheit, aber auch eine Gegenwart zu haben, so ist es ja nicht so, dass mein Verein ganz klar der mit den blau-weißen Farben und der Lilie auf der Brust aus unserer „Stadt im Walde“ ist, ich aber nicht auch durchaus Freunde habe(n darf und kann), die aus anderen Fanszenen stammen. Neben der größeren, bekannten und vor allem von den Leuten aus und um Block1898 gelebten Freundschaft nach Bern haben eben noch viele Leute, die in Darmstadt zum Fußball gehen und dort als Fan heimisch sind, Kontakte nach hier, da und dort.

So hat meine Gruppe „Skinheads Against Racial Prejudice“ schon seit einigen Jahren freundschaftliche Kontakte zu den Skinheads St. Pauli, die über Fußball hinausgehen und eben auch bei gemeinsamen Konzertbesuchen und Kurzurlaub gelebt werden. Nicht verwunderlich also, dass für uns der Tag schon vor Anpfiff mit einem gemeinsamen Essen in einer Darmstädter Brauerei begann und wir, ganz klar, auch gemeinsam zur Kranzniederlegung in Gedenken an die Opfer der Shoah auftauchten. Ein Moment, der uns eben nicht nur aufzeigte, dass man niemals vergessen darf und sollte, und wie banal Fußball immer wieder sein und werden kann, der aber auch zusammenschweißt und bewusst macht, was Freundschaft ist und sein kann und…

Und trotz allem Drumrum wird er gespielt und gehört eben zu all dem, was sich da Leben nennt, ab und zu dazu – mit seiner Vergangenheit, der Gegenwart und dem was da noch kommt. Also gehst Du rein in die Hütte – wie immer etwas früher als der Rest, Du hast ja Dienst. Klar, Du weißt – und hast es durch einige Stadionführungen, bei denen Du den „Bölle-Guide“ gemacht hast, ja selbst schon gesehen und erlebt – das „die Gerade“ weg ist, der geliebte „Zeckenhügel“ und alles Drumrum jetzt zur Geschichte gehört, und doch ist der Anblick erst mal ein Schock. Denn es ist das erste Spiel ohne. Da drüben guggst Du auf Erde statt auf Menschen und darauf stehen dann drei Ordner – statt 5000 Menschen!!!
Es füllt sich, Du siehst vom Innenraum neue Banner und neue Leute auf der Süd – „Hallo“ und „Herzlich Willkommen“, Du begrüßt Deine Leute, Deine Freunde, hältst hier und da ’nen kurzen Plausch und es geht los.

Weil Dein Handy platt war, erfährst Du erst bei der Aufstellung vom Neuen im Kader. Siehst ein Team, wo du denkst, eine Veränderung zu Paderborn – das Dir in dunkler, negativer Erinnerung geblieben ist – wahrzunehmen. Aber aus den Chancen… „wenn de die nidd machsdd…“

Du gehst aus dem Innenraum Richtung Platz, hörst es und weißt ohne zu sehen, „Rückstand“. Das bedeutet wieder Hinterherlaufen, aber das Team, es fightet. Es kommt zurück, es dreht das Spiel. Du bist schon irgendwie zufrieden und bei der gemeinsamen Feier mit FreundInnen schweift der Fußball wieder ab. Aus „morgen“ wird „heute“ und dieses „heute“ ist der 30. Januar, wieder einer dieser Tage, an denen der Fußball sich einmal selbst gezeigt hatte, wie ernst er werden kann, und wie sehr trotz „Das-Runde-muss-ins-Eckige“ eben genau dies total banal werden kann…

Autor: Wuschel

Hinterlassen Sie eine Antwort

Bitte geben Sie einen Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein.