MANCHMAL HASST MAN DAS, WAS MAN DOCH LIEBT
„Der Glubb is a Depp, aber ich mog nern“ – das ist fränkischer Fatalismus. Mittlerweile im Sprachgebrauch eines jeden Glubberers vorhanden. Damit soll ausgedrückt werden, dass man sich in Nürnberg sehr wohl bewusst ist, dass dieser Verein im ganz großen Stil versagen kann, die Glubberer aber trotzdem zu ihm stehen.
Im Jahr 2007, Zeit des Pokalsieges, staunten viele angesichts des Erfolges, ein Jahr später ging es in die 2. Bundesliga zurück und alle waren beruhigt, ihren Glubb wiederzuhaben. Dieses Denken zu lernen war harte Arbeit, doch selbst junge Club-Fans haben dies schon verinnerlicht. Vom einst größten Aushängeschild des deutschen Fußballs zu einem Verein, der landauf und landab als Depp benannt ist, löst dieser Emotionen wie Liebe und Glück, aber genauso Trauer, Wut, Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht aus.
Neun deutsche Meisterschaften, vier Pokalsiege, stehen vielen Niederlagen, Skandalen und sportlichen Abstürzen gegenüber.
In Anbetracht seiner ruhmreichen Vergangenheit ist der Verein heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Fans erinnern sich bei jedem neuen Absturz an die vielen Titel und großen Erfolge. Das ist lange her und viele Glubberer haben diese nicht einmal selbst erlebt. So geht es vielen Traditionsvereinen, ihnen bleibt an sich nur der Blick zurück. Sie müssen mit ansehen, wie Markenprodukte wie Rasenballsport immer mehr in die Bundesliga drängen.
Im Mai 2016 hatte es der 1. FC Nürnberg erneut in die Relegation geschafft, nachdem der direkte Aufstieg wieder einmal verspielt worden war. Wieder war es Eintracht Frankfurt, wie im Jahr 1999, als die Eintracht sich retten konnte. Jeder trug beim 1. Spiel das rote Motto-Shirt mit dem Aufdruck: „Egal was auch passiert, wir lieben dich sowieso“. Zwei Spiele, die zwischen Aufstieg und Abstieg entscheiden werden, und Frankfurt als klarer Favorit. Doch alles ist möglich, daran glaubten auch die Club-Fans. Unentschieden beim Auswärtsspiel im Waldstadion, der Club hatte es doch tatsächlich geschafft, nicht einmal auf das Tor zu schießen. Beim Rückspiel im heimischen Stadion in Nürnberg ging der Club mit 1:0 in Führung durch ein Frankfurter Eigentor. Der Ausgleich fiel in der 2. Halbzeit in der 65. Minute. Und wieder gelang Nürnberg kein einziger Schuss Richtung Tor. Folgerichtig feierten nach Abpfiff wieder einmal die anderen. Nach minutenlanger Stille stimmte der Vorsänger das Lied „You‘ll never walk alone“ an, der Dank an eine Mannschaft, die am Ende nur knapp scheiterte. Ein Glubb-Fan verfügt auf jeden Fall über eine hohe Frustrationstoleranz und einen gesunden Humor.
Doch trotz allem Auf und Ab dieser früher so ruhmreichen Mannschaft sollten wir sie nicht unterschätzen und unsere Tugenden, wie Kampfgeist und Willensstärke bis wir unter der Dusche stehen, mit aufs Spielfeld bringen.
Beim 1. FC Nürnberg spielt seit der Saison 2015/2016 ein ehemaliger Publikumsliebling unserer Lilien, Hanno Behrens, mit dem mich und mein Hund Leni ein ganz persönliches Verhältnis verbindet. Hanno und Leni haben sich bei einem Testspiel in Traisa kennengelernt, als Leni vier Monate alt war. Seit dieser Zeit war Leni bei jedem Geheimtraining an Hannos Seite und er an ihrer. Mit ihrer Geschichte waren sie auch schon einmal Thema eines Artikels im „11Freunde Magazin“.
Leider darf sie am Spieltag ja nicht ins Stadion, aber ich bin mir sicher, dass Hanno an sie denkt, denn sie wartet immer noch, dass er wieder einmal bei einem Geheimtraining mit den anderen Spielern den Rasen betritt.
Autorin: Karin Hohlen