Das große Lilienherz mit dem kleinen roten Fleck

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Auch wenn es normal wirklich nur reine Wunschträume sind und Fans, Spieler, Trainer und Präsidium wissen, dass der Abstieg der Lilien wohl kaum zu verhindern ist, darf man doch noch ein wenig träumen. Aber es gibt sie, die berühmten Statistiken, die alles widerlegen und damit alle Träume und Hoffnungen einfach zerplatzen oder die Hoffnung noch mehr aufleben lassen. Lasst mich noch ein bisschen träumen, obwohl unser nächster Gegner am Samstag, der FC Bayern München, schon seit letzter Woche als Deutscher Meister feststeht.

Die Bayern sind Deutschlands Rekordverein. Er ist der mit Abstand berühmteste und erfolgreichste Fußballclub Deutschlands und auch auf internationalem Parkett sehr erfolgreich unterwegs. In allen Wettbewerben hat Bayern München die meisten Titel gewonnen, keiner hat so viele Nationalspieler und Weltmeister hervorgebracht. Das „Sieger-Gen“ zeigt sich aber nicht nur dann, wenn sie 34 Spieltage Tabellenführer sind, überlegen alle Titel holen. Es wird auch deutlich, wenn sie ein Spiel in letzter Sekunde für sich entscheiden oder den Meistertitel erst am letzten Spieltag erobern.
 
Ende 2013 hatte der FC Bayern 224.000 Mitglieder – plus 1 – nämlich mich. In meinem früheren Fußball-Leben war ich absoluter Bayernfan. Oft angefeindet, aber ich hielt ihnen die Treue. Ich war einfach fasziniert, was dieser Mannschaft alles so gelang. Ich gebe ehrlich zu, dass ein Kriterium dieser Bayernliebe ein typisch weibliches war. Spielten schließlich dort die attraktivsten Spieler der Liga. Noch bin ich Mitglied dieses Vereins, aber mein Herz schlägt längst absolut nur noch für meine Lilien.
 
Viele skurrile Geschichten ranken sich um den FC Bayern. Ich erinnere mich noch an die legendäre „Wut-Rede“ Giovanni Trapattonis am 10. März 1998. Es war einer der spektakulärsten Auftritte in der Bundesliga-Mediengeschichte. Etwa drei Minuten dauerte die Donnerrede, und sie endete mit dem Kult gewordenen „Ich habe fertig „. Dann war da noch der Tonnentritt von Jürgen Klinsmann, nachdem Trapattoni ihn vom Patz geholt hatte. Da waren mit dem schwäbischen Sunnyboy vor 63.000 Augenzeugen die Gäule durchgegangen, die Werbe-Sperrholztonne splitterte, als er wutentbrannt dagegen trat. Die Suspendierung von Mario Basler nach der Pizza-Affäre. Nach einer nächtlichen Schlägerei in einer Pizzeria war für Uli Hoeneß das Maß voll, obwohl Basler Weltklasseaktionen hervorzaubern konnte, er musste gehen.
 
Neid und Hass schlagen diesem Verein oft entgegen. Sprichwörtlich bekannt ist der sogenannte „Bayerndusel“ für überraschende Spielwendungen und Siegtore in letzter Sekunde. Die Konkurrenten unterstellen ihnen eine vermeintliche Bevorteilung durch den DFB im Allgemeinen und durch die Schiedsrichter im Speziellen. Zündstoff lieferten auch die Verurteilung des Präsidenten Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung und das Zollvergehen des Karl-Heinz Rummenigge. Natürlich steht der Verein stets im Fokus der Presse.

Doch bei allem Neid und Hass auf Bayern sollte man nicht vergessen, die soziale Seite zu erwähnen. St. Pauli, Hertha BSC und auch Darmstadt – für viele Vereine sprang Bayern in die Bresche, als ihnen das Wasser finanziell bis zum Hals stand. Weder der Club noch der Präsident machten je großes Aufsehen um ihr soziales Engagement. „Ohne Uli hätte Darmstadt nicht überlebt“, waren damals die Worte von Lilienpräsident Hans Kessler.
 
Nun ist Bayern München eine der letzten Stationen unserer vermeintlichen Abstiegstour. Das Motto für dieses Spiel wurde bereits nach unserem Sieg über Freiburg ausgegeben: „ZIEHT DEN BAYERN DIE LEDERHOSEN AUS“. Und schon wieder ist es da, das kleine Fünkchen Hoffnung, was wäre wenn…
 
Wisst Ihr, was das Allerschönste am Fußball ist? Es gibt immer eine neue Saison mit neuer Hoffnung. Es fängt alles immer wieder an. Insofern ist Fußball schöner als das Leben.
 
Autorin: Karin Hohlen

1 Kommentar

  1. Bei mir ist der kleine rote Fleck seit langem verschwunden – als Jugendtorwart war in den 70er-Jahren Sepp Maier mein großes Vorbild.
    Auch wenn uns das Benefizspiel 2008 beim Überleben geholfen hat, ziehen wir den Bayern auf unsere Art bereits die Lederhosen aus: Die Lilien und ihre Fans haben deutlich höhere Sympathiewerte in Fußball-Deutschland – das ist mir letzten Samstag auf der Rückreise im Zug, mit meinen Freunden vom SC Freiburg, wieder einmal klar geworden – Anhänger verschiedenster Bundesliga-Vereine haben echte Achtung und ein großes Herz für die Lilien – ja, wir sind den Bayern überlegen:-)

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