Von 90 Minuten, kunstleder-ummantelten Luftblasen, Assoziationen, der Sache mit dem Leben, dem Tod und wann die „schönste Nebensache“ wirklich dazu wird

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Zum Fußball und seiner Bedeutung gibt es gefühlt tausend, vermutlich aber mehr oder weniger – jedenfalls zumindest genug – Zitate, Definitionen und Erklärungen. Manche davon schaffen ’s immer wieder in Erinnerungen von Fußball-Fans, in Kolumnen, Best-off Listen und Ähnliches. Andere, wie z.B. die von Lukas Podolski, Fußball sei „wie Schach, nur ohne Würfel“ haben es auf Postkarten geschafft und wiederum welche wie die Feststellung, die Woche habe 90 Minuten, zieren Pullover, Shirts oder haben als Spruch Einzug in fußballbezogene Tattoo-Ideen …

Die Einsicht aber, dass Fußball wesentlich mehr ist als „ein Spiel auf Leben und Tod“ und doch bei allem Kampf, Einsatz und Rivalität diese „schönste Nebensache der Welt“ plötzlich absolut nebensächlich und das Ergebnis des oder der Spiele so banal und egal werden, kam dir als zwar schon lange mit der Sportart sozialisiertem, aber noch nicht wirklich an einen Verein gebundenem Jugendlichem im zarten Alter von 16 zum ersten Mal. An jenem Abend, als du wie immer Samstagabend vor dem TV gesessen und erlebt hast, wie Dietmar Jakobs in diesem scheiß Karabiner hängen blieb. Der Verein war egal, das Ergebnis war egal – du hast mitgelitten und gehofft, dass der wieder gesund wird.

Einige Jahre später, du warst – und bist ja auch heute – immer noch verrückt nach Fußball. Warst inzwischen schon mehrfach eben nicht nur bei „deinem Dorfverein“, wo der Opa Mitbegründer, der Onkel Kassenwart, der Patenonkel Spieler, oder dem anderen Dorfverein, bei dem der Vater Sani war… Nein, du warst bei dem „großen“ ehemaligen Erstligisten aus „der Nähe“, der gerade in der zweiten Liga spielte, dem schon ein Stück weit deine Sympathie galt, und wo du zwei, drei Leute kanntest. Dem Verein, der später nur noch „deiner“ werden sollte.
Plötzlich war er dann wieder da – einer dieser „egal Momente“ als mit Maurice, „Mucki“ Banach ein junger Profi bei einem Unfall ums Leben kam.

Inzwischen ist „Muckis“ Tod 25 Jahre her, und weiß Gott oder wer auch immer, er war nicht der erste und nicht der letzte. Mal waren der Tod oder das Schicksal weiter weg und wirkten  im Moment des Erfahrens nah, mal waren sie  wirklich nah, es „traf“ Leute, die für dich wesentlich mehr waren als nur Namen. Es gingen Bekannte, Freunde, Mitstreiter, Menschen, die für dich „zur Familie“ gehörten.

Vielleicht hast du genau aus diesen Gründen, aus eben diesem Respekt für „Johnny, Simon, Jan, Max, Lukas, Klaus, Chris, …“ nie wirklich mehr als nötig über dich reden wollen, vielleicht zweifelst du deshalb auch jetzt – in dem Moment in dem du diese Zeilen schreibst – daran, ob sie denn „richtig, falsch, egoistisch“ sind und ob du dir überhaupt anmaßen darfst, hier, jetzt und heute darüber zu schreiben?

Im Endeffekt kennen doch Fußball-Fans aller Vereine einen dieser Momente, wo die Realität ein Stück weit „der Hoffnung einen mitgibt“ und die Ergebnisse von Spielen für kurze oder längere Zeit banal werden. Wo man erkennt, dass es da noch ganz andere, viel wichtigere Dinge gibt? Letzten Endes ist es aber doch der Fußball und sein „Drumherum“, das dich zu diesen Gedanken bewegt,  und zeigt auf der anderen Seite jeder Schicksalsschlag, – wie z.B. die Krankheit und der Tod von Krzysztof Nowak, welcher es damals „schaffte“, dass Fans der unterschiedlichsten rivalisierenden Vereine aufbauende Worte sprachen – wie banal alles in solchen Momenten wird…

So eben auch heute. Trainingsauftakt deines SV Darmstadt. Das erste Training  unter dem neuen Coach. Die  Gazetten voll, und es ist zudem Winterpause, dir eigentlich eh langweilig, du geierst eigentlich auf Nachrichten aus der Welt des Spiels mit der bereits eingangs erwähnten „kunstlederummantelten Luftblase“, in drei Wochen geht´s los, Kurz drauf ist „Derby“. Tja und da kommen dann gestern und heute die Nachrichten vom Tod zweier Menschen die du nicht wirklich kanntest, von denen du – wenn überhaupt – nur von einem „ein flüchtiges Gesicht“ hattest.

Da sind sie wieder, die Momente,  in denen dir Ergebnisse und Tabellenstände kurz „egal“ werden und du mit Menschen und Fanszenen fühlst, die du eigentlich gar nicht so wirklich kennst, die vielleicht oder sicher sogar im Liga-Alltag Rivalen sind und denen du keine Punkte – aber eben jetzt, in diesem Moment alles Gute und die Kraft wünschst, die sie brauchen.

Aber auch der Moment in dem du hoffst, dass gewisse Momente nicht wirklich in deiner Gruppe passieren …

Ciao „Papero“, Ruhe in Frieden Julian
Viel Kraft Euren Familien und all Euren Freunden

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