China – der Weg zur Fußballweltmacht (Teil I)

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Wenn am Samstag (18.11.) der Anstoß zum Freundschaftsspiel des TSV Schott Mainz gegen die chinesische U20-Fußballnationalmannschaft ertönt, ist Chinas Offensive zur Fußballmacht auch bei uns in Deutschland endgültig angekommen. Ein Vorstoß, der von der chinesischen Volkspartei am Reißbrett geplant wurde und in anderen Ländern schon deutlich weiter vorangeschritten ist als in Deutschland.

Kritische Stimmen zur „Teilnahme“ außerhalb des Wettbewerbs der Regionalliga Südwest, gab es bereits zu Hauf. Sehr empfehlenswert ist hierzu unter anderem die Satireseite „Chinas U20 Ultras Südwest“. Lasst uns jedoch einen Blick zurück werfen, wie es zu dieser Fußballoffensive kam, und den Fokus darauf richten, wie die derzeitige Situation im europäischen Ausland ist.

Der Blick zurück

China strebt in allen Bereichen an, die Nummer 1 der Welt zu sein. Das unglaubliche Wirtschaftswachstum über viele Jahre stärkte das Selbstbewusstsein der Volkspartei und damit dies weiter anhält, sind Kinder und Jugendliche einem extremen Drill in der Schule ausgesetzt. Auch junge Sportler müssen durch eine „harte Schule“ und dies zahlt sich aus! Die Volksrepublik China rangiert bei den olympischen Sommerspielen stets auf den Rängen 3-1 im Medaillenspiegel (seit 2004 nicht schlechter als Platz 2). In einer weltweit bedeutenden Sportart ist der Riese China jedoch ein Zwerg – im Fußball. Selbst jetzt, wo man bereits viele Plätze in der Weltrangliste gut machen konnte, rangiert man noch hinter Teams wie Haiti oder Burkina Faso. (1)

Seit der Machtübernahme von Xi Jinping im Jahr 2013 wurden zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, um den Fußball im Reich der Mitte voranzubringen. Und nicht nur das! Man hat einen Drei-Punkte-Plan entworfen, an dessen Ende der Gewinn der Weltmeisterschaft im Jahr 2050 steht. Klingt weit weg? Die Maßnahmen, die hierzu führen sollen, sind es nicht! Die nächsten Schritte des Plans sind auch nicht weit entfernt. Für die WM 2022 in Katar ist das Ziel klar – Teilnahme. Wenige Jahre später möchte man die erste Heim-WM ausrichten, der Plan sieht hierfür das Jahr 2030 vor.

Förderung der chinesischen Jugendarbeit

Bereits jetzt haben chinesische Investoren viel Geld in Anteilskäufe diverser europäischer Klubs gesteckt. Dies scheinbar weitsichtig, denn darunter sind Klubs mit exzellenten Jugendakademien wie beispielsweise Manchester City, Espanyol Barcelona und AJ Auxerre in Frankreich. Seitdem fliegen regelmäßig Jugendmannschaften nach Europa oder Trainer nach China.

Dort, wo kein Einstieg in einen Klub möglich ist, versucht man mit Kooperationen zu arbeiten, wie im Fall von Real Madrid. Diese Variante ist auch nicht verwerflich. Dass man Kooperationen schließt, um den Fußball im Land nach vorne zu bringen, ist nichts Neues, dies machten zig Vereine und Verbände bereits schon im frühen 20. Jahrhundert, als Engländer in diversen Klubs tätig waren (u.a. Charles Griffith als erster bezahlter Trainer des FC Bayern München, 1911/1912). Weiteres Beispiel ist die deutsche Nationalmannschaft, welche um das Jahr 2000 sportlich am Boden lag. Der DFB orientierte sich seinerzeit sich an den französischen Jugendakademien, um so die Nachwuchsförderung zu verbessern. Die Früchte konnten 2014 in Brasilien geerntet werden.

Gewinnmaximierung anhand der Mailänder Klubs

Zurück zum Investorenmodell, denn die Förderung des chinesischen Fußball ist nur ein, wenn auch wichtiger Aspekt. Daneben ist das Abgreifen von Know How entscheidend (wie führt man einen Klub) und nicht zuletzt die Gewinnmaximierung. Letzteres erhoffen sich die Investoren auch durch einen wachsenden Bekanntheitsgrad in Europa, denn die meisten von ihnen sind chinesische Firmen wie beispielsweise die Elektronikwarenhauskette Suning (u.a. im Besitz von 68,55% von Inter Mailand).

Am Beispiel des AC Mailand wird das Ziel der Gewinnmaximierung nochmal deutlicher. Der derzeitige Umsatz von 200 Mio. € im Jahr soll auf 400-500 Mio. € gesteigert werden. Ein Börsengang ist ebenfalls geplant, und trotz hoher Transfer- und Gehaltsausgaben ist bereits für 2019/2020 eine ausgeglichene Bilanz geplant und für das darauffolgende Jahr wurden den Investoren bereits Dividendenzahlungen versprochen. (2)

Wer hier die Curva Sud bereits mit Mopeds in der Kurve sieht, um diese vor Zorn in den Unterrang zu stürzen, sieht sich getäuscht. Im Gegenteil: Die Dauerkartenverkäufe schnellten nach oben, die Euphorie war riesig. Der „große“ AC Mailand schickt sich an, tatsächlich wieder groß zu werden. Der Aufschrei war in Mailand auch deshalb nicht da, weil die Klubs seit jeher nicht in der Hand von Mitgliedern sind, sondern von Mäzen, Familienclans oder Firmen. Im Fall vom AC Mailand seit 31 Jahren in der Hand von Silvio Berlusconi, ehe er im April diesen Jahres für 740 Mio. € 99,93% der Klubanteile an eine chinesische Investorengruppe verkaufte.

Doch dass Investoren nicht automatisch den schnellen sportlichen Erfolg bedeuten, merken sie derzeit auch in der Lombardei. Der Rückstand von Milan auf die Champions League Plätze beträgt bereits 12 Punkte, der Anschluss an die Europa League Plätze muss hart erkämpft werden, und auch international standen zuletzt zwei magere Nullnummern gegen AEK Athen zu Buche. Man wird bereits nervös, und auch der alte Maestro Berlusconi (81 Jahre) scharrt langsam wieder mit den Hufen. Dennoch ist es zu früh, hier einen Misserfolg des Einstiegs zu nennen, jedoch darf man gespannt die weitere Entwicklung betrachten. (3)

Himmel hoch jauchzend, zu Tode betrübt. Der Fall ADO Den Haag

Schlechte Erfahrungen haben sie hingegen bei ADO Den Haag gemacht. Hui Wang wurde von den Fans des niederländischen Klubs gefeiert, als er mit seinem Geld kam und die Fans vom Europapokal träumen ließ. Gar eine Blockfahne wurde ihm zu Ehren gemalt. Wang reitend auf einem chinesischen Drachen, wie er die Stadien von Ajax, PSV und Feyernoord in Brand steckt. Er demonstrierte Nähe zu seinem neuen Besitz und trainierte sogar mal (natürlich medienwirksam) mit der Mannschaft. Doch dann verdüsterte sich die Stimmung.

Zahlungen, die von Wang angeblich zugesagt wurden, mit denen der Klub fest rechnete, blieben aus. Kontaktaufnahmen mit dem neuen Besitzer scheiterten, ein möglicher Grund, warum der Investor sich rar machte, könnte der Börsencrash in China gewesen sein (2015). Doch die Schlinge zog sich in Den Haag enger und enger und man stand vor der Zahlungsunfähigkeit. Wang sprang ein, doch die Geschichte erinnert stark an Hasan Ismaik beim TSV 1860 München. Ein Investor im Dauerclinch mit dem Klub. Ein einziges Missverständnis, aber man kann sich nicht von ihm loseisen. So gehören auch Wang noch heute seine Anteile am Klub. (4)

Anderenorts geht es da durchaus ruhiger zu und Den Haag ist sicherlich ein Negativbeispiel, jedoch nicht das einzige. Auch der FC Sochaux durchlebte mit seinem chinesischen Investor schwere Zeiten. Dies ist jedoch das Risiko, welches jeder Verein eingeht, sobald er seine Anteile verkauft und es ist kein exklusives Problem mit chinesischen Investoren.

Wie man sieht, ist das Reich der Mitte in unseren Nachbarländern bereits sehr umtriebig und verdeutlicht, was auf uns zu kommen mag, sollte irgendwann 50+1 fallen. So müssen wir derzeit „nur“ mit Freundschaftsspielen der chinesischen U20 in der Regionalliga Südwest leben. Doch der chinesische Aufstieg im Weltfußball wird uns weiter beschäftigen, denn auch die Chinese Super League rüstet auf und möchte aus dem Schatten der großen europäischen Ligen treten. Mehr dazu demnächst.

Autor: David Saar

Quellen: