Catch you if I can

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Eigentlich ist der Draht zu unserem Ex-98er-Coach Kosta Runjaic nie ganz abgerissen. Seit er im Herbst 2012 zum MSV Duisburg abwanderte, gratuliere ich ihm regelmäßig zum Geburtstag oder schreibe ihn an Weihnachten an. Auch Neujahrswünsche fehlen nie. Meist bekomme ich auch immer via Mail eine kurze persönliche Rückantwort von Coach Kosta, was mich sehr freut.

Die eigentliche Vorgeschichte zum heutigen Zweitligaspitzenspiel zwischen dem SV 98 und den Roten Teufeln beginnt eigentlich am 2. November 2014, drei Wochen vor dem Spiel der Lilien auf dem Betzenberg. Schon längere Zeit geht man am Bölle mit der Idee schwanger eines Tages ein Lilienmuseum ins Leben zu rufen. Da ich erfreulicherweise seitens des Vereins mit involviert bin, stellte sich die Frage, welche Exponate man den 98ern sichern kann. Ganz oben auf der Liste: Kosta Runjaic’s Gürtel mit der legendären Schnalle in Lilienform.
Ich sandte Kosta eine Mail mit der Bitte, ob ich seinen Gürtel bekommen könnte, um ihn eines Tages der Lilien(nach)welt als Erinnerungsstück erfolgreicher Tage präsentieren zu können. Ich erhielt keine Antwort, entnahm aber einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 20.11.2014 folgende Aussage des Lauterer Trainers: „…Die Gürtelschnalle mit der Lilie wird er zum Spitzenspiel am Freitag zwar nicht tragen, aber zumindest vorher in seine Tasche packen. Vor einiger Zeit hat er sie einem Darmstädter Fan versprochen, wenn dieser den Weg auf den Betzenberg finde….“
Der Hoffnungsschimmer war da, zumal ich davon ausging, dass Kosta in jenem Zeitungsartikel von mir sprach. Aber leider verpassten sich Kosta Runjaic und ich auf dem Betzenberg. Der Gürtel blieb vorerst in seinem Besitz.

Im Vorfeld des Rückspiels ließ ich neuerlich eine Anfrage an Kosta heranbringen, diesmal über meine Bekannte Astrid aus Kaiserslautern, die sich für das dortige FCK-Museum verantwortlich zeichnet. Und siehe da: Kosta reagierte auf meinen handgeschriebenen Brief und sagte mir den Gürtel zu. Ort der Übergabe: Darmstadt, Böllenfalltor, Pressekonferenz nach dem Spiel.
Das 3:2 der Lilien war kein Spiel für schwache Nerven. Ich flachste noch vor Spielbeginn, dass es hoffentlich kein 5:0 der 98er geben würde, denn dann würde Coach Kosta bestimmt richtig angefressen sein und den Gürtel zum Auspeitschen seiner Truppe verwenden.
Ich sollte zwar nicht mit dem Ergebnis, wohl aber mit Kostas mieser Laune nach Spielende recht behalten, da er regelrecht angefressen aufgrund des Elfmeters zum 1:1 gewesen war, der „nie einer im Leben gewesen sein kann, da der Ball seitlich geklärt wurde!“

Als ich unmittelbar nach Abpfiff einer nervenaufreibenden Partie den Presseraum im Bauch des Stadions betrat, wurde ich schon von Oli, der mitunter die PK mit organisiert, in Empfang genommen. Er begrüßte mich als „Gürteljäger“, denn Kosta hätte bereits im SKY-Interview die Übergabe erwähnt.
Mein Nervenkostüm beruhigte sich. Jetzt galt es nur noch den passenden Moment abzupassen. Am geeignetsten erschien mir der Zeitpunkt nach der PK, denn ich hätte es als unhöflich empfunden ihn davor abzupassen.
Der Plan schien gut, nur verschwand der FCK-Trainer nach geäußerten Statements schnurstracks in der Gästekabine. Ich kam nicht an ihn ran und sah meinen letzten Strohhalm in Form eines Betreuers der Roten Teufel. Der jedoch verweigerte mir seine Dienste als Bote mit der Begründung, dass Kosta wohl schlecht gelaunt sei aufgrund der 2:3-Pleite.

Da stand ich nun vor der Pfälzer Kabine, wie ein kleiner Schulbub, dumm und ein wenig traurig aus der Wäsche blickend. Die Schnalle wähnte ich in weite Ferne verschwinden; außer darauf zu hoffen, dass Kosta doch noch die Tür öffnen würde, blieb mir nichts.
Tom, der Pressesprecher des SV Darmstadt 98 sah mich im Vorbeigehen. Er, der von meinem Vorhaben um den Gürtel wusste, schürte die Hoffnung wieder. Möglicherweise würde Kosta den Hinterausgang, den unter der Hauttribüne nehmen. Ich solle mein Glück dort versuchen.
Flugs ging ich in die nahezu verwaiste Mixed Zone. Ein paar Journalisten warteten ebenfalls. Einer wollte von mir wissen, ob ich der sei, der den Liliengürtel für das angedachte Museum bekommen sollte. Er würde das gerne in seinen Bericht packen. Aber ohne Kosta kein Gürtel und ohne Gürtel keine Story… Ich denke, dass der Presseberichterstatter Kosta’s Fernbleiben besser verkraftete als ich. Meine immer länger nach unten wandernden Mundwinkel verrieten die Enttäuschung.
Dann hörte ich im Hintergrund die wohlvertraute Stimme des Pressesprechers Tom wieder: „Kosta ist vorne raus, hier kommt er nicht mehr vorbei!“
Ich zweifelte, ob es überhaupt noch Sinn machen würde, einen Sprint in Richtung Ausgang und VIP-Zelt zu unternehmen, zu oft verpasste ich den Ex-Coach des SV Darmstadt 98 schon. Das Märchen vom Hasen und Igel aus meiner Kindheit holte mich ein. Aber bekanntermaßen stirbt die Hoffnung zuletzt und ich wollte mir nicht beim Blick in den Spiegel den Vorwurf gefallen lassen, nichts unversucht zu lassen.

Ich stürmte die Stufen aus dem Keller des Stadions heraus und blickte auf den Vorplatz, wo das VIP-Zelt steht. Treffer: Kosta war gerade im Begriff das Zelt zu betreten und wurde glücklicherweise noch in einen kurzen Smalltalk mit zwei ihm bekannten Lilienfans verwickelt. Ich sprintete die paar Meter und gab mich zu erkennen: „Kosta!“
Coach Kosta sah und erkannte mich. „Da bist Du ja endlich,“ sagte er und griff in seine Jackettasche, wo sich das ersehnte Exponat befand – der Liliengürtel! Er drückte ihn mir in die Hand, kehrte mir den Rücken zu und verschwand im Gedränge der VIPs.
Runjaic war wirklich schlecht gelaunt, aber, und das halte ich ihm zugute, er hielt sein Versprechen. Ich denke, dass ich ihm gegen Saisonende erst wieder anschreiben werde und mich im Namen des SV 98 bedanken werde. Jetzt wäre das nicht sonderlich schicklich, der Zeitpunkt passt nicht optimal bis hin zum Saisonfinale. Nach dem heutigen 3:2 der Lilien erst recht nicht – und außerdem hat er ja erst in der Sommerpause Geburtstag!
Ralf-Gerd Panzer

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